Autor: Clara

Vortrag in Karlsruhe im Mai

Die CSD Saison wirft ihre Schatten voraus! Am 1. Juni steht der erste Infostand für uns in Karlsruhe an. Außerdem beteiligen wir uns dieses Jahr auch am Rahmenprogramm des CSD mit einem Vortrag mit anschließender Fragerunde. Karlsruhe demonstriert, informiert und feiert dieses Jahr unter dem Motto: „Geschlecht: ☐ ja ☐ nein ☐ vielleicht ☑ wieso?“ und wie unschwer zu erkennen, ist davon auch der Vortragstitel inspiriert. Nun folgt der Ankündigungstext, Zeit und Ort findet ihr am Ende 😉 Herzliche Einladung an alle, die in der Gegend sind und Interesse haben.

Sex:  ☐ ja ☐ nein ☐ vielleicht ☑ wieso? – Vielfalt der Asexualität

Asexualität gehört zu den eher unbekannten sexuellen Orientierungen. Daher haben viele Leute nur unklare Vorstellungen, was genau es damit auf sich hat – sofern sie überhaupt schon einmal davon gehört haben. Außerdem sind diverse Fehlinformationen und Mythen im Umlauf. Zumindest mit einigen davon will dieser Vortrag aufräumen: Asexualität ist komplex und voller Facetten. Der Vortrag vermittelt Grundlagen zu Asexualität und die wichtigsten Begriffe dazu. Außerdem will er zeigen, welche Bedürfnisse dahinterstecken können und wie vielfältig Asexualität sein kann. Im Anschluss an den Vortrag wird es die Möglichkeit für Nachfragen und Gespräche geben.

Samstag, 18.5.2019 16.30 bis 18 Uhr, Saal im ibz – Internationales Begegnungszentrum e.V., Kaiserallee 12 d, Karlsruhe

Eine Veranstaltung im Rahmenprogramm des CSD Karlsruhe 2019 von AktivistA – Verein zur Sichtbarmachung des asexuellen Spektrums.

Sonne und Wind in Mannheim

Wie schon im vorhergehenden Beitrag erwähnt, waren wir am vergangen Samstag zweispurig unterwegs, nicht nur in Berlin, sondern auch in Mannheim beim CSD Rhein-Neckar. Genau wie in der Hauptstadt war es mächtig windig, die Flyer haben ihrem Namen alle Ehre gemacht, und der Pavillon unternahm einen Fluchtversuch, aber wir waren ja dankbar, dass wir uns nicht mehr jenseits der 35 Grad bewegt haben.

In Anbetracht der eher geringen Anzahl an Ständen auf dem Schlosshof waren wir zunächst nicht so ganz sicher, mit wie viel (oder wie wenig) Besucher*innen so zu rechnen sei, aber als die Demo dann schließlich am Schloss ankam, waren es doch mehr Menschen als gedacht. Nach ca. 1,5h Dauereinsatz waren wir all unsere Broschüren und Flaggenaufkleber losgeworden. Und auch viele Kuchenaufkleber und Flyer über Asexualität und Stammtische in Baden-Württemberg, damit haben wir dann auch noch den Rest der Zeit bestritten. Von den Süßigkeiten blieb unverständlicherweise noch recht viel übrig.

(Rechts unsere unsere liebevoll ausgebreitete Auslage.)

Alles hat also reißenden Absatz gefunden. Jetzt wissen definitiv wieder eine Menge mehr Menschen dass es Asexualität gibt, und haben hoffentlich auch eine bessere Vorstellung davon was genau das ist: Nein, es betrifft nicht nur alte Menschen. Und ja, einige Menschen im autistischen Spektrum identifizieren sich als asexuell, aber weder sind alle Autist*innen asexuell, noch alle Asexuellen autistisch. 

Aber im Großen und Ganzen waren die Gespräche mit den nicht-asexuellen Menschen sehr freundlich und interessiert, teilweise herrschte auch Enthusiasmus Infomaterialien für Freunde oder Angehörige gefunden zu haben.

Persönliches Highlight waren für mich aber auch diesmal wieder die Reaktionen von anderen Asexuellen. Oft eine Mischung aus Begeisterung, Unglaube und Erleichterung, dass es da tatsächlich auch einen Stand gibt der sie repräsentiert. Das sind für mich immer die tollsten Momente. Auch wenn wir dieses Jahr nicht als Fußgruppe an der Demo beteiligt waren, hatte ich mich privat mit Flagge an die Strecke gestellt und den Zug einmal an mir vorbei ziehen lassen. Und auch dabei waren mir schon einige andere Asexuelle mit Flaggen als Superheld*innen-Caps oder selbst gestalteten T-Shirts begegnet, die mich mit meiner Flagge freudig ansprachen.

 

Außerdem können wir berichten, dass sich langsam aber sicher die Asexualität auch unter dem kommerziellen CSD Merchandise breit macht. Am Stand der Regenbogenmanufaktur fanden sich Pins, Magneten, Aufkleber und sogar Mousepads mit der Flagge. Sie können es zwar, finde ich, an Niedlichkeit noch nicht mit unseren Katzen-Buttons aufnehmen, aber auch das ein sicheres Zeichen das die Sichtbarkeit wächst 😉

Das war es also für uns mit der CSD Saison 2018, nächste Station ist jetzt die AktivistA im September in Stuttgart! Für alle die noch irgendwo feiern und auf die Straße gehen: Viel Spaß!

Lesefutter die Zweite

Es hat etwas länger gedauert als ursprünglich mal angedacht, aber hier ist nun mal wieder eine Buchbesprechung. Diesmal handelt es sich um „All the Wrong Places“ von Ann Gallagher. Ich habe das Buch zu Weihnachten bekommen und bin jetzt über Ostern endlich dazu gekommen es zu lesen – der Jahresauftakt war etwas turbulent…Für einen ersten Eindruck kann ich sagen, ich hab das Ding in einem Tag weggelesen!

Die Geschichte hat zwei Hauptcharaktere und die Kapitel sind immer abwechselnd aus ihren unterschiedlichen Perspektiven geschrieben. (Tatsächlich ist das einer meiner wenigen Kritikpunkte, durch den ständigen POV Wechsel war ich manchmal kurzzeitig verwirrt in wessen Kopf ich mich jetzt gerade befinde.) Zum einen gibt es Brennan, der zu Beginn der Geschichte gerade die Trennung von seiner (Ex) Freundin hinter sich hat. Er erwischt sie mit einem anderen im Bett (off screen) und sie gibt ihm als Grund für ihren Seitensprung, dass „eine Frau Bedürfnisse hat“ und er die offensichtlich nicht befriedigen konnte. Weil seine beiden vorangegangenen Beziehungen bereits mit sehr ähnlichen Sätzen in die Brüche gegangen sind, will Bren nun versuchen heraus zu finden was er beim Sex falsch macht. Eine Therapie erscheint ihm übertrieben und Pornos wählt er als Weiterbildungsmaterial auch ab, stattdessen beschließt er sich bei den fachkundigen Menschen im lokalen Sex Shop Rat zu suchen.

Rat findet er auch, und zwar bei Zafir, dem zweiten Hauptcharakter. Nach einigem hin und her wirft Zafir die Option in den Raum, dass Bren vielleicht asexuell sein könnte – genau wie er selbst. Bren ist erst mal ein bisschen überfordert mit der Aussicht, ist er doch immer einfach davon ausgegangen das er hetero ist, und zieht ein bisschen ruppig ab. Nach ein wenig Zeit zum Nachdenken und weiterer Internetrecherche geht er jedoch zurück in den Sex Shop um Zafir weitere Fragen zu stellen. Sie kommen ins Gespräch und über mehrere Treffen, die sich nicht ausschließlich um Asexualität drehen, sondern mit der Zeit auch um ganz alltägliche Sachen, werden die beiden Freunde.

Ein paar Worte noch zu Zafir. Er ist alleinerziehender Vater eines 9 jährigen Sohns, der auch immer wieder vorkommt. Um ihm möglichst alles bieten zu können was ein Kind braucht arbeitet er zwei Jobs. Er weiß seit einiger Zeit das er asexuell und biromantisch ist und ist auch in seiner Identität angekommen, man erfährt aber, dass das durchaus ein Stückchen Arbeit war. Außerdem ist er Muslim und im Libanon geboren, was immer mal wieder Thema ist.

Die Handlung an und für sich ist eigentlich eher unspektakulär, die beiden lernen sich kennen, freunden sich an, man hat Szenen aus ihrem Alltag, Gespräche über Asexualität, den Mangel an Zeit und Geld als alleinerziehender Vater mit schlechter Ausbildung, Skateboarden (Bren ist semi-professioneller Skateboarder und fängt später auch an Zafirs Sohn zu unterrichten), vergangene Beziehungen, Familie… Gerade das hat es aber für mich authentisch gemacht, keine Übermenschen, die für jedes Problem eine Lösung aus dem Ärmel schütteln. Natürlich gibt es auch den einen oder anderen Aufreger, aber auch das sind irgendwie reale Konflikte, die nach meinem Empfinden auf gute Weise gelöst werden.

Eigentlich soll es hier ja aber um einen Kommentar zur Darstellung der Asexualität gehen, und ich muss sagen, ich war schlicht weg begeistert! Dadurch das Bren seine Sexualität im Laufe der Geschichte entdeckt, hat man recht ausführliche Szenen darüber, wie es denn sein kann, dass man sich trotzdem verliebt oder Sex mit anderen Menschen hat, auch wenn man asexuell ist. Man hat außerdem aus Zafirs Perspektive die Freude darüber einen anderen Menschen zu treffen der asexuell ist, und nicht eine stundenlange Autofahrt entfernt lebt (Zafir geht manchmal zu einer Ace Gruppe in Seattle, was aber eine mehrstündige Anfahrt für ihn bedeutet). Einem Interview zufolge das ich gefunden habe ist die Autorin selbst nicht a_sexuell, aber sie hat auf jeden Fall ihre Hausaufgaben gemacht und sich wohl auch von eigenen Erfahrungen beim Erleben ihrer Bisexualität inspirieren lassen. Alles in Allem kann ich das Buch also was das betrifft nur wärmstens empfehlen!

Auch diesmal wieder die Frage nach konstruktiver Kritik, gibt es Menschen die das Buch schon gelesen haben und etwas ergänzen wollen oder eine andere Meinung dazu haben? Gibt es Vorschläge für andere Bücher? Kommentare werden immer gerne entgegen genommen.

Lesefutter

Heute mal eine Neuheit hier, nämlich eine Buchbesprechung. Bücher mit a_sexuellen Charakteren sind eine ziemliche Nische und oft ist es schwierig ab zu schätzen, ob man sich mit der Darstellung von A_sexualität darin wohl fühlt. Daher entstand die Idee immer mal Bücher vorzustellen, die wir selbst gelesen haben, und einen kleinen Einblick zu geben, wie darin mit A_sexualität umgegangen wird. Und los geht es heute mit dem Buch, in dem ich zum ersten Mal einem a_sexuellen Charakter begegnet bin – Radio Silence von Alice Oseman.  Das habe ich mir vor ca. 1 ½ Jahren zugelegt, leider ist es auch bisher noch nicht auf Deutsch erschienen. Aber die Sprache ist nicht übermäßig anspruchsvoll, man sollte sich also nicht zu schnell davon abschrecken lassen, dass es auf Englisch ist.

Was mich damals auf das Buch aufmerksam gemacht hat, war der erste Satz eine Rezension der lautete: „Es ist ein Buch über einen Jungen und ein Mädchen die beste Freunde sind und nicht zusammen kommen.“ Das hat mich direkt neugierig gemacht. Ich bin mittlerweile an einem Punkt in meinem Leben wo ich bei Büchern mit Protagonist_innen im Teenager Alter immer ein bisschen vorsichtig bin, zu häufig gab es irgendwelche Dreiecks-Beziehungen zwischen Freunden auf die ich hätte verzichten können. Außerdem habe ich, was die queere Repräsentation betrifft, keine Lust mehr immer ähnliche Coming-Out Stories zu lesen/zu sehen. So wichtig solche Geschichte sind, gerade für Teenager in ihrer Findungsphase – das stelle ich nicht in Abrede! – aber wenn man der 30 näher als der 20 ist, findet man sich da dann nicht mehr unbedingt wieder. Doch ein YA Buch in dem ein Mädchen und ein Junge tatsächlich einfach „nur“ befreundet sind?! Das war quasi neu für mich, also musste ich es direkt lesen.

Was ich besonders an dem Buch mochte war die sexuelle und ethnische Diversität. Drei der fünf Hauptcharaktere sind nicht weiß, und bei vier der fünf wird ausdrücklich gesagt das sie in den LGBT+ Bereich fallen. Und bei der fünften bekommt man stark den Eindruck das sie ebenfalls irgendwo in den bi/lesbisch Bereich fällt. Trotzdem sind weder Sexualität noch Herkunft die Dreh- und Angelpunkte der Handlung. Sie tragen natürlich zum Charakter der Personen bei, sind aber nicht ihr einziges Merkmal. Wichtige Themen sind Selbstfindung und – verwirklichung, das Leben als Außenseiter_in, Freundschaft und Kommunikation in Beziehungen aller Art, die Frage danach wie man Erwartungen gerecht wird und wo man eine Grenze ziehen muss um sich selbst treu zu bleiben. Außerdem gibt es eine Eltern-Kind Beziehung die sehr von emotionaler Erpressung und mentalem Missbrauch geprägt ist, wenn man auf solche Sachen empfindlich reagiert, sollte man das Buch vielleicht doch besser meiden.

Warum ich dieses Buch hier heute vorstelle ist aber natürlich letztlich schon die Darstellung von Sexualität, einer der Charaktere ist dezidiert demisexuell und die Szene in der er das erklärt hat mir sehr sehr gut gefallen. Darin wird auch A_sexualität generell erwähnt und demisexuell dann eben als Teil des Spektrums. Es kommen auch Ängste im Zusammenhang mit einem Coming-Out zur Sprache, vor allem die Sorge nicht ernst genommen zu werden und der Vorwurf als „special snowflake“ gelten zu wollen. Ich glaube das ist etwas, was viele a_sexuelle Menschen nachvollziehen können, unabhängig vom Alter. Die Erzählerin, Frances, fällt für mich nicht nur in den a_sexuellen, sondern auch den a_romantischen Bereich, auch wenn das – leider – nicht so ausdrücklich gesagt wird. Aber sie äußert mehrfach ihr Desinteresse und Unverständnis für Sex, Küsse und Beziehungen im Allgemeinen und beschreibt ihre Schwärmerei für eine Freundin wie folgt: „I think the main reason I had a crush on her was because she was pretty, and I think the secondary reason I had a crush on her was because she was the only queer girl I knew. Which is a bit silly, the more I think about it.“ („Ich glaube der Hauptgrund warum ich für sie geschwärmt habe war, dass sie hübsch war. Und ich denke der zweite Grund war, dass sie das einzige queere Mädchen war das ich kannte. Was, je mehr ich darüber nachdenke, eigentlich ein bisschen lächerlich ist.“)

Alles in allem richtet sich das Buch zwar schon eher an ein Publikum zwischen sagen wir mal 16 und 22, aber ich finde es kann auch für Leser_innen anderer Altersgruppen interessant sein. Besonders wenn man Freude an diversen Protagonist_innen und auch noch einen gewisse Affinität zu Social Media hat. Denn es wird viel über Twitter und Tumblr kommuniziert, und ein Podcast spielt auch eine sehr wichtige Rolle (darin geht es übrigens um einen agender Charakter) – es ist also wirklich eine Geschichte aus den 2010ern.

Da dies die erste Buchbesprechung hier ist, wird konstruktive Kritik immer gerne entgegen genommen, war es zu unpräzise oder zu viele Spoiler? Was erwartet ihr von einer Besprechung unter dem Gesichtspunkt der Darstellung von A_sexualität was hier vielleicht noch gefehlt hat? Habt ihr Radio Silence auch schon gelesen und wollt etwas ergänzen oder meine Wahrnehmung diskutieren/korrigieren? Habt ihr Vorschläge was für Bücher wir hier anschauen könnten? Reaktionen am besten als Kommentar oder über unsere Facebook-Seite.