Monat: August 2023

Geschafft: drei Tage Pride-Straßenfest in Hamburg

In der zweitgrößten Stadt Deutschlands ist auch das Straßenfest anlässlich des Prides am ersten Augustwochenende groß: Von Freitag bis Sonntag sind die Stände am Jungfernstieg und Ballindamm für Feierwütige und Informationshungrige geöffnet. In diesem Jahr haben wir mit Unterstützung des Hamburger Stammtischs und einiger weiterer Freiwilliger genug Menschen zusammenbekommen, um mit einem eigenen Stand präsent zu sein. Nach einer längeren Regenperiode zeigte sich das Hamburger Wetter weitgehend freundlich.

Die Alsterfontäne meinte es gut mit uns.

Unser Platz war in der Nachbarschaft diverser Parteien. Deswegen wurden wir ein paarmal für eine gehalten, dafür hielt sich (zumindest vor 18 Uhr) die Beschallung mit Beats in Grenzen. Schließlich wollten wir uns mit den Leuten unterhalten können.

Gut gelaunte und hochmotivierte Standbesatzung am Freitagvormittag

Über einen Mangel an Zulauf konnten wir uns zu keinem Zeitpunkt beklagen. Dabei war am Samstag nach der Demo (an der eine vom Stammtisch angemeldete Fußgruppe teilnahm) deutlich mehr Volk unterwegs als direkt nach der Öffnung am Sonntag. Da die Verfasserin dieser Zeilen seit vier Jahren keinen Infostand mehr betreut hatte, fiel ihr die große Anzahl an Menschen aus dem asexuellen und/oder aromantischen Spektrum auf, die auf dem Fest unterwegs waren. Immer wieder steuerte jemand zielsicher auf uns zu und freute sich, dass wir da waren. Entsprechend viele Buttons wurden verkauft, wobei das Ace-Kätzchen am schnellsten ausverkauft war (gefolgt vom Kuchenstück). Abgesehen von einigen Kuriosa wie der angeheiterten älteren Lesbe auf Brautschau waren auch alle anderen Besuchenden offen für Austausch und Informationen. An den drei Tagen sind einige Groschen gefallen und einige Vorurteile abgebaut worden.

Als wichtiger Türöffner erwies sich das Glücksrad. „Einmal am Rad drehen“ wollten nicht nur Kinder, sondern auch viele Erwachsene. Was ist ästhetische Anziehung, was bedeutet Allonormativität? Aus Raterei und Halbwissen ergaben sich oft gute Gespräche. Neben dem runden Ding, das schon viele Stände in Süddeutschland geziert hat, konnten wir noch mit einem weiteren Blickfang punkten:

Wasserballons oder Kondome? Alles eine Frage des Standpunkts!

Zunächst nur ein Scherz-Vorschlag für die Ausstattung des Stands, dann tatsächlich umgesetzt und ganz offensichtlich eine gute Idee… Schließlich sind asexuelle Menschen nicht zwangsläufig antisexuell eingestellt und schon gar nicht humorbefreit. Und eine aromantische Orientierung hält ohnehin nicht davon ab, sich sexuell auszuleben. Viele Vorübergehende griffen mit einem Grinsen in beide Boxen. Was unser gedrucktes Infomaterial betrifft, wurden wie schon in früheren Jahren die Broschüren alle, aber auch die diversen Flyer stießen auf Interesse.

Intern erklang bereits ein leises „nächstes Jahr wieder…?“ Ja, warum eigentlich nicht?

Stuttgart Pride 2023 – ein Nachklapp

Letztes Wochenende also „Pride“ in Stuttgart. Bis letztes Jahr hieß das noch CSD — Christopher Street Day.

Der Pride-Samstag begann mit ausgiebigem Regen. Auch dies war wohl ein Grund, warum die Fußgruppe dieses Jahr kleiner ausfiel als letztes Jahr. Bei so einem Wetter rausgehen? Bis 13 Uhr hatte es dann zwar aufgeklart, aber zu dem Zeitpunkt wäre das Losfahren für Auswärtige theoretisch zu spät gewesen. Die Aufstellung für die Fußgruppen sollte ab 14 Uhr stattfinden, die Chefin mit dem Handwagen war sogar pünktlich diesmal.

Um 15 Uhr startete irgendwo ganz weit vorn die Parade. Davon merkten wir an der Startnummer 78 von 131 zunächst wenig, aber immerhin nahmen die umliegenden LKW den Startpunkt ernst und dröhnten uns ab 15 Uhr mit zwei Versionen von Techno zu. (Nichts gegen Techno als Musikrichtung, aber gegenläufige Doppelbeschallung bei etwa 90 Dezibel ist auf Dauer anstrengend.) Erst nach 16 Uhr konnten wir langsam loszuckeln. Zu dem Zeitpunkt hatte sich die erste mitlaufwillige Person schon wieder verabschiedet, weil sie nicht mit einer derartigen Wartezeit gerechnet hatten und auf den Zug mussten.

Mehrere Ace-Flaggen und eine Aroace-Flagge an Stangen waren bei der Demo mit dabei, außerdem einige andere als Umhänge.

Der „Marsch“ darauf gestaltete sich derart zäh als Stop-and-Go, dass wir den Großteil der abschließenden Kundgebung verpassten. Leider gab es außerdem einen Vorfall, da eine linke Gruppe erfolgreich den ersten Wagen aufhielt und das folgende kurze Handgemenge den Versammlungsleiter der Demo verletzte. (Persönliche Meinung: Habt ihr Rotzgören sie noch alle? Konstruktive Kritik geht anders.)

Aber immerhin: Das Gruppenfoto hat was, zumal die Accessoires unten links im Bild farblich gut passen. Insgesamt hatte es die Kundgebung dieses Jahr gefühlt schwer. Offenbar ging es nicht nur uns und unseren schwarzen Luftballons so, dass nach der langen Zeit die Luft raus war.

Das obligatorische Demogruppen-Abschlussfoto. Übrigens weht da eine Aplatonik-Flagge über dem Mensch mit der Sonnenbrille in Violett, Blau, Grün und Cremefarben.

Der Sonntag startete — was Wunder — wieder mit Dauerregen nach nächtlichem Gewitter. (Die Verfasserin hatte aufgrund selbigens, wie ganz Pforzheim, ab nachts um eins etwa 40 Minuten lang keinen Strom, was die Nachtruhe unangenehm verkürzte.)

Der Aufbau des Stands erfolgte dann aber trockenen Fußes. Wie sich das für Stuttgart gehört, trudelten die meisten Feierwütigen und Neugierigen erst nach 14 Uhr ein, und wir hatten weniger Verkauf als Infogespräche.

Und wo wir bei Infogesprächen sind: Ein Mensch der Standbesetzung hat sich von Antenne1 über Asexualität ausquetschen lassen. Es ist eine hörenswerte Interviewreihe entstanden.