Nachdem ich mich nun vom Wochenende gut erholt habe, hier ein Rückblick auf die Konferenz mit überregionalem Treffen in Stuttgart.

Mit knapp 20 Menschen waren wir etwas schlechter besucht als vor der Pandemie, was aber angesichts der Umstände keineswegs überraschte. Trotzdem empfing uns das Zentrum Weissenburg wie immer herzlich. Die Besetzung kümmerte sich mehr als rührend um uns. Danke!

Die Autorin hat gleich eine Weissenburg-Tasse gekauft.

Auch die Orga mit dem teilweise neuen Team klappte gut.

Das Unkonferenz-Experiment – mit Ergebnissen!

Die kleine Anzahl von Menschen war direkt praktisch für ein Experiment, das ichvorhatte. Bisher hatte ich von „Unkonferenzen“ nämlich nur gelesen. Dabei geht es darum, gemeinsame Themen auszumachen, diese zu besprechen und am Ende eventuell ein paar Ergebnisse vortragen zu können.

Zur Themenfindung nutzten wir die Vorstellungsrunde. Neben ein paar Einzelthemen kristallisierten sich schnell zwei größere Komplexe heraus.

Es gab viel zu reden, sodass für die Pizzarunde am Mittag die mitgebrachte Pausenglocke nötig war. Die Anwesenden fühlten sich gleich wohl, obwohl sich nur wenige bereits persönlich kannten.

Thema 1: Coming-out?

Zum Thema Coming-out wurde natürlich vor allem Privates geredet, das hier nichts verloren hat.

Ein paar grundsätzliche Erwägungen beim Coming-out gibt es aber schon zu entdecken.

Grundsätzlich spannt sich das Feld zwischen den Polen „Sichtbarkeit“ und „Wen geht das eigentlich was an?“ Bei dieser Frage gibt es als Störfaktor den normativen Druck. Was macht der mit mir? Hindert der mich an der Selbstfindung? Befeuert er Selbstzweifel?

Weniger Sichtbarkeit bedeutet, dass sich die Frage „bin ich allein oder nicht?“ schlechter beantworten lässt. Asexualität hat kaum äußerliche Codes. Wie sollen andere ahnen, dass ich ace bin? Wie finde ich eine Beziehung, die zu mir passt, wenn ich mich nicht oute? Vor allem, wenn ich nach einer Alternative zum klassischen romantisch-sexuellen Paar suche. Und werde ich eher pathologisiert (für krank gehalten), wenn ich auf ein Coming-out verzichte?

Derartige Fragen müssen natürlich alle Menschen für sich selbst beantworten. Je nach Lebenssituation wird das Ergebnis anders ausfallen.

Thema 2: Menschen erreichen?

Die altgedienteren Aktivist*innen und Menschen in der Sozialen Arbeit fragten sich, wie sie Menschen erreichen können. Noch immer finden Personen mit niedrigerem Bildungsgrad und schlechter Internetanbindung seltener zu uns. Zudem fällt auf, dass wir wenig Schwarze, Indigene und Menschen of Color (BIPoC) bei Veranstaltungen wie Stammtischen treffen.

Für die „Basis“-Aufklärung fehlen einmal immer noch Serien- und Filmfiguren aus dem asexuellen Spektrum. Zum anderen wird die (queere) Schulaufklärung auch außerhalb Baden-Württembergs oft sträflich vernachlässigt. Trotzdem: Es gibt dazu Netzwerke im Ländle. Ich werde die Leute dort einmal direkt anschreiben und ihnen Material anbieten. Ähnlich auch die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg. Eine Person warf noch den Namen eines Journalisten in den Raum, den wir eventuell direkt angesprechen können.

Für die Breitenwirkung wären auch mehr Infostände bei CSDs schön. Wir erinnern daran, dass AktivistA gern Material verschickt für Menschen, die da was machen wollen. Der Verein selbst hat nicht allzu viele Mitglieder. Und nicht alle davon können an beliebigen Wochenenden quer durch die Republik fahren. (Wie die Faust aufs Auge passt da der neue InSpektren-Podcast über Ace- und Aro-Repäsentation auf CSDs.)

Insofern: Wie streuen wir auch die Information, dass wir Infomaterial verschicken? Online kommt doch nicht immer dort an, wo es Leute lesen, die so etwas entscheiden. An klassischer Ansprache (Menschen anschreiben, Zentren aufsuchen) führt also kein Weg vorbei.

Mit anderen Worten: We want you for ace networking.

Bestellt euch ein paar Flyer, geht raus und lasst sie bei eurer lokalen Aids-Hilfe, Pro Familia, queeren Zentren oder Selbsthilfe-Anlaufstellen. (Wir nehmen auch gern neue Mitglieder.)

Queere Netzwerke und Zentren haben auch Newsletter, die Veranstaltungen verteilen. Hierbei sollten aber Versandzeiten erfragt werden, um keine Termine zu verpassen. Dabei sinnvoll: Darauf achten, dass das Wort „Asexualität“ oder „asexuelles Spektrum“ explizit erwähnt werden.

Ein lokaler Mailverteiler (über Stammtische beispielsweise) erreicht noch einmal andere Menschen als jene, die sich in Messengergruppen, bei Insta oder Facebook tummeln.

Diesbezüglich werden wir versuchen, eine bessere Anbindung an die Ameisenbären-Facebookgruppe zu erreichen und auch dort unsere Interviewanfragen zu posten.

Etwas abgelegen davon: Derzeit sind Suchmaschinen-taugliche Infos über Gray-Asexualitäten auf Deutsch echt Mangelware. Und auch schöne Sprüche, die sich auf Tassen oder Ähnliches drucken lassen.

(Bild: Uncle Sam von James Montgomery Flagg, von Wikimedia Commons, gemeinfrei: https://commons.wikimedia.org/wiki/Uncle_Sam?uselang=de#/media/File:Uncle_Sam_(pointing_finger).jpg . Bearbeitet von Carmilla DeWinter, bitte gern und viel teilen. Ich verzichte auf alle Rechte.)