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Solidarität zwischen allen sexuellen und geschlechtlichen Minderheiten und Black Lives Matter? Bis dahin haben wir noch einiges zu tun …

In ace Kreisen kochen immer wieder Diskussionen um Rassismus hoch. Queerer Aktivismus weist allgemein wenig BIPoCs (Schwarze, Indigene und Personen of Color) auf. Um da ein bisschen über den Tellerrand zu schielen, hatten wir für die Konferenz zwei Personen von der Türkischen Gemeinde Baden-Württemberg eingeladen. Dabei handelt es sich um einen weltanschaulich und religiös unabhängigen Verband, der das friedliche und solidarische Miteinander in Baden-Württemberg fördert.

Wichtig im queeren Kontext sind zwei Projekte, nämlich Elvan Âlem und die Fachberatung geschlechtliche und kulturelle Vielfalt Stuttgart.

Empowerment und Beratung

Das Projekt Elvan Âlem wendet sich an jüngere queere Menschen bis 27, die Rassismus erfahren und/oder migrantisiert werden (das heißt, es sind Personen, die von der Mehrheitsgesellschaft als „nicht von hier“ wahrgenommen werden). Elvan Âlem zielt vor allem auf Empowerment und Partizipation, daher hatten die Mitarbeitenden 2019 z. B. eine Gruppe beim CSD Stuttgart organisiert. Die Publikumsansprache erfolgt in drei Sprachen auf YouTube, mit InstaStories, einem Spiel und Broschüren zum Bestellen bzw. Herunterladen.

Bei Anfragen erfolgt eine individuelle Beratung oder auch das Aufsuchen einer Schule, wenn es dort Schwierigkeiten gibt. Neben den jungen Leuten stehen auch deren Familien im Fokus. Themen sind unter anderem die Familiensituation und Hilfe bei der Identitätsfindung, besonders bei trans und nicht-binären Menschen. Geflüchtete erhalten ebenfalls Unterstützung, beispielsweise bei der Anhörungsvorbereitung.

Zudem gibt es Angebote für Fachkräfte, die mit dem angesprochenen Personenkreis zu tun haben. Beispielsweise können sich Schulsozialarbeitende Input bei bestimmten Fragestellungen holen oder Supervision erbitten. Außerdem bietet Elvan Âlem Workshops für Peers und aktivistisch Aktive an, um deren Engagement zu stärken und einem Burnout vorzubeugen.

Das Team besteht aus vier Menschen, die versuchen, ein möglichst breites Spektrum abzubilden, was die „Buchstaben“ in der baden-württembergischen „LSBTTIQ“-Suppe angeht, außerdem Migrationserfahrung, Sprache und Herkunftsregion. Das Team versucht, für Intersektionen sensibel zu sein und positioniert sich gegen Trans-Exklusionismus.

Die Fachberatung geschlechtliche und kulturelle Vielfalt Stuttgart hingegen ist eine reine Beratungsstelle, die für alle Altersgruppen offen ist.

Nach dem Vortrag schauten wir noch den Film „Hear our Voices! – Queere Geflüchtete erzählen“.

Gretchenfrage

Wie ist das nun mit der Religion? Die Projekte suchen selbstverständlich den Kontakt zu muslimischen Gemeinden. Vor allem die Zusammenarbeit mit dem Liberal-Islamischen Bund läuft wohl sehr gut.

Allerdings: Nicht umsonst fand in Stuttgart die „Demo für alle“ den größten Anklang innerhalb Deutschlands. Kritische Stimmen nennen die Ansammlung von pietistischen und evangelikalen Gemeinden im Schwäbischen gern „Pietcong“. Daher gab es beim Projekt auch schon Beratungsfälle in Bezug auf christliche Einrichtungen.

Und was hat das nun mit dem asexuellen und aromantischen Spektrum zu tun?

Die Vortragenden konnten sich an eine ace Personen erinnern, die Hilfe suchte, da ging es vor allem um Zukunftsängste und Community-Anschluss.

Aufgefallen ist ihnen, dass die Stuttgarter Jugendgruppen einen wachsenden Anteil Aces haben, sodass sie den Anspruch haben, das A in ihre Buchstabenkollektion aufzunehmen. Von einem Menschen im Publikum kam daher der Tipp, auf das Wort „Liebe“ zu achten. Es wird in aktivistischen Kontexten gern verwendet, um Gleichstellung für sexuelle Minderheiten einzufordern, befremdet manche ace und aro Menschen aber, vor allem, wenn sie keine klassische Paarbeziehung suchen.

Im Gegenzug muss die a*spec Community sich selbst sensibilisieren. Rassismus fängt eben nicht erst an, wenn einschlägige Beleidigungen fallen.

Wichtig ist außerdem Powersharing, also beispielsweise Menschen die Gelegenheit geben, sich zu äußern. Nicht nur Macht, auch Geld abgeben. Menschen Räume gestalten lassen und nicht Räume ohne Input gestalten, die dann nicht die Zielgruppe ansprechen. Wir müssen uns daher fragen, ob die Angebote/Formate, die es gibt, migrantisierte Personen ansprechen. Brauchen/wollen die Betreffenden das spezielle Angebot überhaupt?

Wenn BIPoCs in einer Gruppe sind, sollten wir sie nicht als Token/Aushängeschild für die eigene Weltoffenheit/fehlenden Rassismus oder was auch immer betrachten/benutzen.

Und na ja: Ohne Vernetzung und Recherche geht nix.

Wir arbeiten dran. Ich weise daher noch mal auf unser Formular für Förderungen hin: Wenn ihr eine geniale Idee habt, wie wir Antirassismus und das A*Spec zusammenbringen können, euch aber Geld fehlt, pingt uns an.