„Zur Darstellung asexueller Junggesellenfiguren in zeitgenössischen englischsprachigen Fernsehserien“

Im ersten Vortrag der Konferenz bot Dr. Jana Fedkte eine Analyse von Sheldon Cooper (aus „The Big Bang Theory“/TBBT), Dexter Morgan (aus „Dexter“) und Sherlock Holmes (vor allem des BBC „Sherlock“).

Nach einer Vorstellung der Figuren und der Aussagen, die sie für eine mögliche Interpretation als asexuell heranzog, zählte Dr. Fedkte deren Gemeinsamkeiten auf.

Alle sind Männer.

Alle drei sind nicht offiziell asexuell, und auch nicht offiziell mit psychiatrischen Diagnosen behaftet: Alles ist implizit, für diejenigen, die die Zeichen zu lesen wissen. Die Macher*innen der Serien widersprechen Vermutungen über die sexuelle Orientierung ihrer Figuren entweder gleich oder lassen die Frage lieber offen. Somit kann selbst Sherlock, der sich recht eindeutig identifizieren ließe, für das große Publikum anders lesbar bleiben.

Tatsächlich ist es ja so, dass ein „Nein“ viel mehr Gründe als ein „Ja“ haben kann – wenn ich also die Gründe nicht benenne, bleibt viel Raum für Spekulation.

Alle drei beginnen die Serien als Singles, und zumindest Sherlock behauptet, dass er „mit der Arbeit“ verheiratet sei. Dexter legt sich eine Partnerin zu, um „normal“ zu wirken. Anscheinend gibt es eine kulturelle Skepsis gegenüber isolierten und asexuellen Figuren.

Auch die weitere Charakterzeichnung bedient diese Vermutung:

Alle drei sind sehr intelligent, aber mit Schwierigkeiten im sozialen Bereich. Hat hier der Geist über den Körper (und die Emotionen) gesiegt?

(Einlassung der Protokollantin: Die Dichotomie zwischen Logik und Emotion ist künstlich. Ohne die Emotion, die ein Ziel vorgibt, könnten wir keine Ziele mit rationalen Mitteln verfolgen.)

Dexter ist ein Serienmörder, der Täter tötet, die seiner Meinung nach der Justiz entkommen sind, Sheldon und Sherlock haben manchmal schwer verträgliche Eigenarten und werden von außen schon mal mit einem Asperger-Autismus diagnostiziert. Sie alle wirken demnach anders und „komisch“, müssen mit ihren präsentierten Macken nicht ernst genommen werden und laden dazu ein, sich über sie lustig zu machen, statt mit ihnen zu lachen. (Siehe auch diese englischsprachige Artikelserie zum Thema Humor und Asexualität.)

Durch diese Verknüpfung von Asexualität und Disability/Behinderungen und Hyperintelligenz wird ein spätes Outing der Figuren erschwert.

Wird hier ein Unbehagen der Schreibenden über ihre Figuren deutlich, das sie dann an diesen auslassen?

Die Romanzen-Plotbögen der Serien „Dexter“ und TBBT könnten mithin dazu dienen, die Figuren im Verlauf der Staffeln menschlicher werden zu lassen und das Unbehagen der Schreibenden zu verringern. Dass natürlich hier immer eine Romanze mit Sex gleichgesetzt wird, bedeutet auch, dass diese Figuren sowohl als asexuell wie auch als aromantisch gelesen werden könnten, beziehungsweise eine Verwechslungsgefahr der beiden Konzepte besteht.

Schlussendlich zitierte Dr. Fedkte die Frage einer asexuellen Bloggerin, warum diese Figuren als asexuell verteidigt werden – sollte die Community bei solchen „Negativbespielen“ nicht auf Abstand gehen?

In der Diskussion wurde dann versucht, Sheldons Wandlung weiter auseinanderzunehmen, die schon beinahe als „Zwangsnormalisierung“ anmutet. Die Frage stellt sich – Ist nicht einfach unser Modell von „normal“ zu eng gefasst? Als Lesetipp sei hier auch Anagnoris Analyse von Sherlock empfohlen (Englisch).

Auf „Sirens“ als ein positiveres Beispiel einer asexuellen Serienfigur wurde hingewiesen. In diesem Falle wird aber eine Frau portraitiert, die anderen Stereotypen ausgesetzt ist als asexuelle Männer.

Und nun das Fazit der Protokollantin: Traurige Wahrheit ist, dass es nicht genug beliebte Serien- und andere Figuren gibt, die als Identifikationsmodell für die asexuelle Community dienen könnten. Deswegen verteidigen wir Sheldon, Dexter und Sherlock mit Zähnen und Klauen als unser Revier, auch wenn wir nicht glücklich darüber sind, wie sie dargestellt werden.