AktivistA-Konferenz 2025: Save the Date und Aufruf zu Beiträgen

AktivistA freut sich, die elfte Runde unserer Konferenz ankündigen zu dürfen. An einem Wochenende im Herbst wollen wir uns dem asexuellen Spektrum widmen und deutschsprachigen Aces eine Vernetzungsmöglichkeit offline bieten.

Dieses Jahr treffen wir uns am 22. und 23. November in der Weissenburg in Stuttgart.

Anmelden könnt ihr euch über die bewährte Unterseite und das Kontaktformular. Auf der Unterseite findet ihr auch Details zu Kosten und Anreise. Außerdem posten wir dort Aktualisierungen zum Programm, sobald wir sie vorliegen haben.

Eine Sache können wir schon mal ankündigen: die Sexpositiv-Community Stuttgart wird ihr Projekt vorstellen.

Keine Konferenz ohne Inhalt

Wie immer suchen wir Menschen, die Vorträge halten. Wir zahlen für maximal zwei Menschen pro Programmpunkt Anreise, Mittagessen und ein Honorar. Thematisch suchen wir alles, was mit den ace und aro Spektren zu tun hat, nehmen aber auch gern einen Blick über den Tellerrand in politische Arbeit, trans Themen, Intersektionen und/oder …? Die Vorträge/Workshops sollten maximal 45 Minuten dauern, danach sind 15 Minuten für Diskussion und Fragen geplant.

Wenn ihr Interesse habt, euch, euer Projekt, euer Thema etc. auf der Konferenz vorzustellen, könnt ihr das Anmeldeformular auf der Konferenz-Unterseite benutzen oder Carmilla beim Aspec*German-Discord anpingen.

Ein Tisch mit Perlenschachteln bei der AktivistA 2024 – Queer Joy in Arbeit.

Maurice Ravel wollte einfach nur Klavier spielen

„Ravel blieb sein Leben lang unverheiratet und kinderlos; eine (nicht ausgelebte) Homosexualität wird angenommen“, ist im deutschen Wikipedia-Eintrag über den Komponisten zu lesen. Ob er Männer vorziehe, wird er in „Bolero“ von seiner langjährigen Freundin und Förderin Misia Sert gefragt. Er verneint. Für sie möchte er jedoch lieber Musik schreiben, als sie zu küssen.

Hat dieses Gespräch so stattgefunden? Hätte Maurice Ravel die Bezeichnung „asexuell“ für sich verwendet, wenn sie ihm zu Lebzeiten zur Verfügung gestanden hätte? Wie bei allen anderen historischen Personen gilt auch hier: Wir können es nicht wissen. Für ihren Film „Bolero“ hat sich Anne Fontaine entschieden, die Hauptfigur als einen Menschen darzustellen, der keinerlei sexuelle Anziehung empfindet. Am 6. März kommt der Film anlässlich von Ravels 150. Geburtstag in die deutschen Kinos. Der Verein erhielt eine Einladung, ihn im Rahmen einer Pressevorführung vorab anzuschauen. Ein frankophiles und musikaffines Mitglied nahm sie an.

Was im Verhalten des Komponisten lässt im Film darauf schließen, dass er asexuell sein könnte? Eine ganze Menge. Es mangelt nicht an Situationen, die eine erotische Spannung erzeugen könnten – das Öffnen eines Kettenverschlusses, der sich in Frauenhaar verfangen hat, einander auf der Klaviertastatur fast berührende Hände -, doch Ravel bleibt stets unbeeindruckt. Was andere in solchen Momenten von ihm erwarten, scheint er häufig gar nicht zu verstehen – ein Gefühl, dass vielen Menschen im asexuellen Spektrum vertraut ist.

Nach dem „Bolero“, Ravels berühmtesten Stück, ist der Film benannt. Er komponierte ihn ursprünglich als Ballett im Auftrag der Tänzerin Ida Rubinstein und schätzte ihn selbst nicht sehr. Er enthalte keine Musik, soll er gesagt haben. Im Film wird die problematische Beziehung des Komponisten zu seinem großen Erfolg damit begründet, dass andere die Musik als erotisch aufgeladen wahrnehmen. Dies stößt ihn ab, statt ihm zu schmeicheln.

Sehenswert ist der Film auch für Musikliebende jeglicher sexueller Orientierung. Maurice Ravel stellt hohe Ansprüche an die Orchester, mit denen er probt („Achten Sie auf den Rhythmus, lassen Sie sich nicht von der Melodie ablenken!“), und lässt sich sowohl vom Jazz als auch vom Lärm der Maschinen in einer Fabrik inspirieren. Es wird deutlich, wie sehr er unter seine Erkrankung litt, die ihn in den letzten Jahren seines Lebens immer mehr einschränkte und am Schaffen hinderte. Er starb 1937 nach einer Schädeloperation.

Warnung: Das titelgebende Stück verursacht einen hartnäckigen Ohrwurm!

Wählt Liebe in den Bundestag.

Gefühlt sind unsere Postings zu den Landtagswahlen und den Europawahlen noch nicht so lange her, da dräut schon eine verfrühte Bundestagswahl.

Ohne Wahlaufruf geht es nicht:

Liebe Menschen, egal welcher sexuellen oder romantischen Orientierung, bitte geht wählen.

Warum immer diese Wahlaufrufe?

Von Nichtwählenden wissen wir nicht, was sie wollen. Das kann als Gleichgültigkeit ausgelegt werden. Im schlimmsten Fall wird diese angenommene Gleichgültigkeit mit Toleranz verwechselt.

Und allen, die rechtsaußen sind, reicht echte oder gefühlte Toleranz, um menschenfeindliche Positionen und Desinformationen unter die Leute zu bringen. Was das Leben für Minderheiten gleich welcher Art äußerst unangenehm werden lassen kann.

Kreuze setzen statt Grenzen: Ohne klare Freund-Feind-Linien können weder rechte Positionen noch Populismus viel erreichen.

Wählt Liebe

Wir bitten daher gemeinsam mit dem CSD Deutschland zur Wahl demokratischer Parteien am 23. Februar unter dem Motto „Wähl Liebe“. Liebe, dieses eher diffuse Wort im Deutschen, ist nämlich nicht nur ein Gefühl, sondern kann auch eine Haltung sein: eine Entscheidung für Solidarität und Respekt. Eine Entscheidung dafür, Schwächere und Leisere mitzudenken und die Menschen in all ihrer Vielfalt zu achten.

Ein Slogan der Kampagne bringt das schön auf den Punkt: „Liebe auswählen und Wählen aus Liebe am 23. Februar 2025 bei den Bundestagswahlen.“

Demos für demokratische Wahlen und Vielfalt am 15. Feruar 2025 in vielen Städten.

Eine Woche vor der Wahl finden außerdem bundesweit verschiedene Demonstrationen und Kundgebungen statt. Denn: Wir sind da, wir sind viele. Und manchmal ist es gut, sich daran zu erinnern, dass eins in diesem Kampf für Gleichberechtigung and Akzeptanz mit echten Menschen verbunden ist.

Am Samstag, den 15. Februar um 11:55 Uhr gibt es in zahlreichen Städten Aktionen. Viele sind auf der Unterseite der Kampagne aufgelistet, einige nicht, denn nicht alle Veranstaltenden gehören zum Netzwerk der CSDs in Deutschland. Ein Blick zu euren lokalen Vereinen oder Initiativen lohnt sich also.

Zum Jahresende: Trinksprüche

Bereits im Mai suchte ich aufgrund von Verbindungen zu einem queeren Stammtisch nach ace-gerechten Trinksprüchen, die auf Buttons passen. Meine Bitte um Ideen in der baden-württembergischen WhatsApp-Gruppe führte zu einem regelrechten Kreativhype mit Reime-Schlacht.

Ich musste versprechen, dass die Ergebnisse anonymisiert irgendwo nachlesbar sein würden. Und wann, wenn nicht zum Abschluss für ein Jahr, das politsch maximal so mittel lief, und für ein neues Jahr, von dem ich befürchte, dass es weidlich Gelegenheit bieten wird, sich zumindest zu wünschen, dass sich eins die Politik schöntrinken könnte.

Ein Frosch in Ace-Farben, der "Be Gay" (do crimes) sagt.
Be gay, do crimes! Lustig sein geht immer auch ohne Alkohol. Throwback zum CSD Pforzheim 2023.

Im Verein haben wir 2024 einiges gerissen und noch einiges vor – auf dass wir alle 2025 möglichst viel Grund zum Feiern und wenig zum Traurigsein haben mögen.

In diesem Sinne: Cheers to the queers!


Inhaltshinweise: Alkohol, sexuelle Anspielungen. Die Trinksprüche geben nicht notwendigerweise einen guten Einblick in das Erleben von sex-favorable Aces.


Wein, Knoblauchbrot und Gesang!

 

Nüchtern bin ich schüchtern. Voll … will ich immer noch nix von irgendwem.

 

Lasst leeren uns den Krug ganz schnell,
denn ich bin a-sexuell.

 

Hoch die Krüge, auch ohne Liebe!

 

Ob Mann, ob Frau, mir is das wurscht,
wichtig is mir bloß der Durscht!

 

Roll das nächste Fass herein,
ich lass mich auf keine/n ein.

 

Alle wollen nur rein-raus,
ich trink lieber Krüge aus.

 

Dia ganzen Leit,
die wolln bloß pimpern,
so viel, wie nur gaht.
Do füll I liaber
no an Maßkrug nach,
der andre Kram
is mir zu fad.
(holladrihia,holladrio…)

 

Hoch die Tassen,
Sex sein lassen!

 

Bist du einsam,
komm zu mir,
hier gibt’s kein Sex,
doch ganz viel Bier.

 

Ich halt zu dir und du zu mir
und keinen Sex – darauf ein Bier.

 

Pfoten weg, lass das sein,
nur so trink ich mit dir nen Wein. 🍷

 

Für mich kann keiner sexy sein,
da trink ich doch a Glaserl Wein.

 

Ich will kein‘ Sex, denn ich bin queer,
da trinken wir doch lieber Bier.

 

Sex auf Wein, das lass ich sein.
Sex auf Bier verbitt‘ ich mir.

 

Lass uns picheln und Freunde sein, mein Bett jedoch gehört mir allein.

 

Ob Dicke oder Schlanke,
Sex – Nein, Danke!

 

Mit euch trink ich gern Wein, aber den Sex lass ich sein.

 

Lustig ist die Fasenacht,
wenn mich kein andrer Mensch anmacht.

 

Sex und Alkohol lass ich links liegen,
mit Kuchen, Deeptalks und Kuscheln kannst du mich kriegen.

 

Ob weiß, rot oder rosé, es rührt sich nichts in der Hoséeeee.

 

Alles außer Rand und Band,
der Unterleib bleibt ganz entspannt.

 

Spaß am Abend geht auch ohne Sex,
gebt mir lieber noch mehr Snacks!

 

Du brauchst mich gar nicht anzubaggern, ich bin nur hier, um abzusackern.


 

Geworden auf dem Button ist es übrigens am Ende: „Ace heißt (auch voll) kein Bock.“

 

 

Freusache: Nominierung für den Rosa Detlef

Einmal im Jahr — genauer gesagt vor allem zur Stuttgart Pride — sammelt die Gemeinde „Salz der Erde“ der Metropolitan Community Church in Stuttgart Vorschläge, um einen Preis zu verleihen: den Rosa Detlef.

God is queer* – für christliche und andere monotheistische Personen ein Motto, das manche tröstet und die Konservativen bis Evangelikalen eher auf die Palme bringt. Gottesdiensttermine für christliche Queers aus dem Ländle unter: https://mcc-gemeinde-stuttgart.de/

Der Rosa Detlef geht an eine Person oder Organisation, die sich besonders um die (regionale) lsbtiq+ Community verdient gemacht hat. Seine Farbe hat er vom Rosa Winkel, einem Verfolgungssymbol aus der Nazizeit. Der Name verweist auf einen bis mindstens in die 1990er verbreiteten schwulenfeindlichen Witz. (Die Verfolgungsgeschichte schwuler, lebischer und von trans Menschen in der Stuttgarter Region ist bei Der Liebe Wegen in Aufarbeitung.)

Wie auch immer es kam, aber AktivistA ist für den Preis nominiert — danke an Unbekannt! Wer den Preis erhält, zeigt sich erst am Tag der Verleihung, also ein bisschen wie die Oscar-Nacht in klein.

Zwei Vorstandsmenschen von AktivistA werden am 12.1.2025 bei der Preisverleihung anwesend sein. Diese findet um 14:30 Uhr im Theater Rampe in Stuttgart statt.

Menschen, die sich das live anschauen wollen, müssen laut unseren letzten Infos einfach püntklich am Theater sein — Reservierungen sind nicht möglich. Die Preisverleihung ist nicht über die Reservix-Plattform buchbar (Stand 19.12.24).

Ace Week 2024

Vielleicht liegt es an der Jahreszahl, aber die Autorin dieser Zeilen war vom Beginn der Ace Week ähnlich überrascht wie andere Menschen von Heiligabend. Schnell noch Geschenke kaufen, bzw. Programmhinweise geben. Denn die Ace Week dieses Jahr findet statt vom 20. bis 26. Oktober.

Was ist die Ace Week?

Die Ace Week gibt es seit 2010. Damals hatte sie den Titel „Asexual Awareness Week“, also eine Woche, um besonders auf das asexuelle Spektrum aufmerksam zu machen. Seitdem ist einiges passiert: Mittlerweile ist „ace“ eine anerkannte Abkürzung für das asexuelle Spektrum. Wir empfinden es als inklusiver, deswegen wurde der erste Teil des Titels geändert. Und es geht um noch viel mehr, als auf uns aufmerksam zu machen. Die Frage nach der „Awareness“ ist also in den Hintergrund gerückt und deswegen aus dem Titel verschwunden. Längst sind wir mit reiner Sichtbarkeit nicht mehr zufrieden. Wir kritisieren gesellschaftliche Normvorstellungen und fordern eine Gesundheitsversorgung, die Asexualität nicht als einen Krankheitswert an sich betrachtet.Übrigens: Ganz leise sind A*specmed in die Linkliste gerutscht. Sie haben sich gegründet, um in medizinischen Kontexten Aufklärungsarbeit über die A-Spektren zu leisten.

In dieser Woche ist auch Zeit für Vernetzung und für Diskussionen untereinander. Und vielleicht auch ein bisschen Platz zu feiern.

Ein paar Programmhinweise

Wie immer ist auf dem Aspec*German-Discord einiges los.

Montag, 21.10.2024:
18 Uhr Stammtisch Orga Austausch
20 Uhr Ace*spectrum-Schreibwerkstatt

Dienstag, 22.10.2024:
16:30 Uhr CSD Austausch
18:00 Uhr Aktivismus Austausch

Mittwoch, 23.10.2024:
18:00 Uhr Asexualität in den griechisch-römischen Mythen

Donnerstag, 24.10.2024:
18:30 Uhr Allo Gaze von ace_arovolution
20:00 Uhr InSpektren Live Folge + Ausklang. Diese Folge könnt ihr auch auf dem Twitch-Kanal von InSpektren verfolgen.

Freitag, 25.10.2024:
18:00 Uhr in der Kissenburg: Reden und Nachdenken über Sex aus einer asexuellen Perspektive
20:00 Uhr Mittelalterliche Kurzprosa über Sex und Gender

Samstag, 26.10.2024:
13-17 Uhr Samstagsaustausche: Eine aktuelle Liste entnehmt ihr am besten dem Programmkanal des Servers.
20:00 Uhr Aspec meets Spieleabend

Das englischsprachige Ace-Week-Mutterschiff hat ebenfalls eine Liste mit interessanten Online-Panels.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine frohe Ace Week!

Bildchen mit einem nicht mehr ganz aktuellen Wunsch stammt von ILGA, das englischsprachige Interview mit Aces aus Mexiko ist auch interessant.

 

Konferenz zum Zehnten

Und schon wieder eine Konferenz vorbei – diesmal mit Kuchen und für ein paar Verwegene sogar mit Blubberalkohol, immerhin war es die zehnte.

Auch diesmal hatten wir die Weissenburg in Stuttgart als Veranstaltungsort und wurden nett empfangen.

Der Samstag

Der Einstieg gestaltete sich etwas chaotisch, denn die Pizzabestellung dauerte und landete dann erst im digitalen Nirgendwo, bevor sie an der richtigen Handynummer angelangte. Und so richtig frisch schmecken zwei Stunden alte Pizzen dann auch nicht mehr … Ein Punkt, an dem wir eindeutig nachbessern müssen.

Danach konnten wir aber fast pünktlich mit einer Vorstellungsrunde beginnen und es ging inhaltlich in die Vollen.

Zum Inhalt: Im ersten Vortrag geht es um Konversionsmaßnahmen, Folgen wie Traumatisierungen u. a. werden erwähnt. Im vierten Vortrag verwende ich als Beispiele heteronormative Stereotype und Phrasen.

 

Vortrag 1: Das Forschungsprojekt „Unheilbar queer“

Ein paar Menschen erinnern sich vielleicht: Letztes Jahr hatten wir den Link zu einer Umfrage geteilt, die ein von Mosaik Deutschland e.V. und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung finanziert wurde. Es ging bei der Befragung um Konversionsmaßnahmen. Konkret sind das alle Handlungen, die darauf zielen, die sexuelle Orientierung oder das Geschlecht eines Menschen in ein cis-heterosexuelles Raster zu zwingen. Als Referent hatten wir die damalige Projektleitung Dr. Klemens Ketelhut gewinnen können.

Klemes Ketelhut berichtete zunächst allgemein von den Startschwierigkeiten und Umständen des Projekts. Beispielsweise sei festzustellen, dass Verbote von „Umpolungsversuchen“ in den USA und Kanada schon seit einer Weile größer auf der Agenda standen als im deutschsprachigen Raum. Dies liege einerseits daran, dass größere Organisationen wie der LSVD eher Bürgerrechte wie die Ehe für Alle statt Emanzipation auf dem Zettel hatten. Zudem gibt es in den USA größere, vor allem christlich geprägte Anbieter, die ihre Camps und Kurse aggressiv bewerben. In Deutschland tat sich vor 2020 „Wüstenstrom“ mit Werbung für ihre Kurse hervor. Meistens handelte es sich aber in Deutschland um unter der Hand weitergegebene Adressen von kirchlichen Einrichtungen oder therapeutischen Praxen. Für halbwegs ordentliche Dokus empfahl Klemens die ARD-Mediathek unter dem Suchbegriff „Die Schwulenheiler“.

Das Team von Mosaik hatte auf etwa 200 Menschen gehofft, die ihren Online-Fragebogen ausfüllen – am Ende hatten sie über 3000 auswertbare Datensätze. Klemens Ketelhut ging auf die Fehlstellen ein: So gab es Schwierigkeiten, Menschen über 70 zu erreichen (da alles online war) oder Personen, die wenig Community-Anbindung haben. Es wurde wie so oft bei Online-Umfragen eine leichte Frauen-Lastigkeit festgestellt, außerdem sind Personen mit Migrationsgeschichte unterrepräsentiert. Ace und aro Erfahrungen konnten nicht auseinanderdividiert werden. Aus Zeit- und Geldgründen wurden auch keine Erfahrungen mit Arbeitsstellen oder aus institutioneller Unterbringung (wie z. B. Kinderheimen) abgefragt.

Erste Ergebnisse können Interessierte bei der BzgA abrufen, allerdings fehlt Geld, um die Daten detaillierter zu analysieren. Aus diesem Grund können wir hier auch keine weiteren Grafiken teilen.

Nachdrücklich zeichneten sich die oft späten Coming-outs bei Aces und die Pathologisierung von Asexualität in Psychotherapiekontexten in den Ergebnissen zu den Orten ab, wo Menschen Konversionsmaßnahmn nahegelegt werden. Eindrücklich auch die Grafik, wie oft Betroffene organisierter Konversionsmaßnahmen über langfristige Nachwirkungen berichten. Darunter vor allem Depressionen, Suizidgedanken, posttraumatische Belastungsstörungen und Schwierigkeiten, emotionale Nähe zuzulassen.

Aus dem Personenkreis, der die Studie als Beirat begleitete, hat sich eine eigene Gruppe gebildet, die Forderungen an die Politik aufgestellt hat. Die Forderungen könnt ihr auf der Projektseite einsehen und bei Interesse auch noch als Privatperson oder Organisation mit unterzeichnen.

Vortrag 2: Acing Comics

Nach der Mittagspause stellte eggy ein in Deutschland selten beackertes Forschungsgebiet vor: Comics.

Comics, so eggy, seien an sich ein gute Medium, um queeres Erleben festzuhalten: Sie seien meist nicht linear lesbar und hätten durch die Lücken zwischen den Panels automatisch Leerstellen. Diese müssen die Lesenden mit ihren eigenen Interpretationen und Ideen füllen müssen.

Dass es ace Comics gibt, ist sicher den meisten Mitlesenden bekannt. Aber wie darüber forschen, zumal als ace Person? Sobald sich eine wissenschaftlich arbeitende Person als „betroffen“ zu erkennen gibt, wird häufig noch unterstellt, sie sei zu voreingenommen für ihr Thema. Andererseits stellt Betroffenheit durchaus auch eine Zusatzexpertise dar.

Absolute Objektivität ist allerdings eine Illusion. Es gilt daher, die eigene Subjektivität zu reflektieren und transparent zu machen.

Ein besonders gutes und sogar preisgekröntes Beispiel für diese Herangehensweise sei der Aufsatz „The Affected Scholar“ von D. Schneider über einen Comic, der eine chronische Erkrankung zum Thema hat – und an der Darstellung scheitert.

Was ace Repräsentanz anging, zeigte eggy mehrere Wege auf: den offensichtlichen, wo die Figuren über ihre eigene Ace-Identität reflektieren und diese ein Thema der erzählten Geschichte ist. Den beiläufigen, wo Asexualität erwähnt wird, aber kein zentrales Thema ist. Zuletzt gibt es die Möglichkeit, Material queer zu lesen, wo es vielleicht gar nicht so intendiert war, aber viel Spielraum lässt.

Entsprechend stellte eggy für alle drei Varianten Beispiele vor.

Für die offensichtliche Erwähnung gäbe es einmal „A Quick and Easy Guide to Asexuality“ von Muldoon und Hernandez zu nennen (Link zum Verlag). Wie der Titel sagt, ist es eine Einführung ins Thema. Etwas sauer stößt eggy die Tatsache auf, dass auf der eher kurzen Strecke doch sehr viele Stereotype reproduziert würden – wenn auch, um auf diese hinzuweisen und sie zu entkräften.

Autobiographisch setzt sich Rebecca Burgess mit „How to be Ace“ mit ihrem Aufwachsen und Coming-out auseinander (auch hier der Link zum Verlag).

Ein weiteres autobiographisches Werk, das Asexualität aber eher beiläufig erwähnt, ist „Gender Queer“ von Maia Kobabe. (Hier die Page zur deutschen Übersetzung.)

Für beide Memoiren gab es eine eindeutige Leseempfehlung, da die Gestaltung sowohl künstlerisch wie inhaltlich überzeuge.

Und was ist mit ace lesbaren älteren Werken? Hier stellte eggy die Vanessa-Comics aus den 1980ern vor. Vanessa ist ein Teenie, die Geister sehen kann und denn auch mit einem Geister-Teenie namens Harold liiert ist. Damit findet sämtliche Romanze auf einer rein emotionalen Ebene statt, was eben auch asexuell lesbar ist. Angenehm falle auch auf, dass die Figur Vanessa selbstwirksam sei und niemals gerettet werden muss.

Als Quellen für neuen ace-lastigen Lesestoff schlug eggy einen englischen Artikel bei Medium.com vor. Ebenfalls auf Englisch funktioniert die Queer Comics Database.

Äußerst leckerer veganer Kuchen, daher im Bild nur Reste.

Vortrag 3: Asexuelle Identitätsbildung

Nach einer Runde Kuchen stellte Juju Kiesow die eigene Masterarbeit im Bereich der Soziologie vor. (Link zur PDF für jene, die den originalen Text lesen möchten.)

Die grundlegende Frage der Untersuchung war: Wie werden asexuelle Identitäten gebildet?

„Identität“ ist ein viel verwendetes Schlagwort, daher musste Juju erst einmal aufdröseln, was die Soziologie unter „Identität“ versteht. Identität meint ja zunächst „gleich sein mit“, im wörtlichen Sinne.

Wikipedia schreibt zur individuellen Identität: „die Gesamtheit der Eigenschaften oder Eigentümlichkeiten, die eine Entität [also eine Wesenheit], einen Gegenstand oder ein Objekt kennzeichnen und als Individuum von anderen unterscheiden.“

Damit ist es aber nicht getan, es gibt nämlich noch kollektive Identitäten. Und genau die sind auch der Streitpunkt, wenn es mal wieder um „Identitätspolitik“ geht.

Gruppen bilden eine kollektive Identität heraus, um Einheit und ein Zugehörigkeitsgefühl herzustellen. Dazu muss ausgehandelt werden, was die Gruppe kennzeichnet und verbindet. Meist wird davon ausgegangen, dass das Kollektiv eine gemeinsame Geschichte und eine gemeinsame Zukunft hat, und oft berufen sich Gruppen auf einen gemeinsamen Ursprung.

Der Witz ist nun, dass Menschen oft vergessen, dass jegliche Identität gesellschaftlich, prekär und kommunikativ ist. Was bedeutet das? Identität ist abhängig von der Kultur und Gesellschaft, in der wir leben. Sie entsteht durch Kommunikation und wird durch diese bekräftigt und bestätigt. Da sie permanente Aushandlungssache ist, ist sie eben nicht statisch. (Beispielsweise ist die kollektive Identität „preußisch“ mittlerweile überholt, war aber machen Menschen gewiss einmal sehr wichtig.)

Die Tatsache, dass Identität nicht eine einmalig festgelegte Sache ist, wird aber oft vergessen. Der gemeinsame Ursprung wird daher manchmal als „natürlich“ angenommen, obwohl er gesellschaftlich entstanden ist. Nationen und Volksstämme sind Produkte gesellschaftlicher Aushandlungen. Die Welt ist nicht natürlicherweise in verschiedene Völker mit bestimmten Wesenskernen aufgeteilt. Hier scheiden sich dann oft die Geister. Es gibt Personen, die sich sehr bewusst sind, dass ihre kollektive Identität eine Reaktion auf gesellschaftliche Zustände ist, und andere, die lieber der Natürlichkeitserzählung anhängen.

Sich als Gemeinschaft verstehen zu können, ist manchmal sehr praktisch. Ein Zusammenschluss von Personen, die diskriminiert werden und anhand dieser Erfahrungen eine kollektive Identität aufbauen, kann sehr hilfreich sein, um Ausschlüssen und Benachteiligungen entgegenzuwirken.

Dieses Zugehörigkeitsgefühl hat natürlich eine Kehrseite. Es entsteht schnell ein Gefühl von „wir und die anderen“ oder gar von „wir gegen die anderen“. Innerhalb der Gruppe kann es auch sein, dass Menschen als „nicht … genug“ ausgeschlossen werden.

Am Beispiel von Asexualität lässt sich das schön aufzeigen – gefühlt streiten manche von uns seit zwei Jahrzehnten darüber, wer nun asexuell ist und wer nicht. Um das Problem aus einem soziologischen Winkel zu beleuchten, hatte Juju Kiesow sich Postings im AVEN-Forum vorgenommen. Neben der Identitätsbildung in ace Kontexten interessierte, wie aus den vielen Verneinungen Sinnhaftigkeit für das eigene Leben hergestellt wird. (Zu den Verneinungen gibt es einen aufgezeichneten Vortrag von der AktivistA-Konferenz 2020 bei YouTube.) Das Verhältnis zu (Allo-)Sexualität und der LGBTIQ-Bewegung wird fast automatisch mit verhandelt.

Ein paar Dinge, die Juju auffielen: Die Diskussion über die Ace-Definition wird wenig abstrakt geführt, sondern Argumente für und gegen immer mit der eigenen Lebenserfahrung abgeglichen. (Da muss sich die Autorin dieser Zeilen mit schuldig bekennen – auf dem Weg habe ich auch schon argumentiert.)

Im AVEN-Forum überwiegen Meinungen, die sich für eine klare Grenzziehung aussprechen. Was das Forum zu einem ungemütlichen Ort für beispielsweise Aces mit Kindern machen kann. Eine gewisse Skepsis gegenüber queeren und feministischen Emanzipationsbewegungen ist feststellbar, eine Identität auf dem asexuellen Spektrum wird eher als Privatsache und nicht als politisch begriffen. Auf die gesellschaftlichen Normen reagiert die Gruppe teils mit der Aushandlung interner Normen.

Für die ace Community allgemein gilt, dass sie sich mit den gesellschaftlichen Normen in einer Form auseinandersetzt, die neues Wissen generiert, um nicht mehr sprachlos zu sein. Bestes Beispiel ist die Zerlegung von Sexualität, oder vielleicht besser Erotik, in einzelne Bestandteile, wie Libido, verschiedene Anziehungsformen, Selbstbefriedigung, Erregung und so weiter.

Vortrag 4: „A* Promise of Happiness“

Lotta und Franca vom Podcast ACE AROund the Cake beschäftigten sich mit dem gesellschaftlichen Versprechen von „happiness“, genauer gesagt mit Sarah Ahmeds gleichnamigem Buch „A Promise of Happiness“ (Link zum Verlag). „Glück“ verwenden wir hier im Sinne eines „Zustand des Wohlfühlens und der Zufriedenheit“, um den Merriam-Webster-Eintrag zu „happiness“ zu paraphrasieren.

Im Buch zeigt Sara Ahmed die gesellschaftliche Tendenz auf, gewissen Konzepten zuzusprechen, dass sie Menschen glücklich machen. Es kann sich dabei um Ereignisse, Dinge oder etwas Abstraktes handeln. (Beispiel: Die Hochzeit als „schönster Tag im Leben einer Frau“.) Diese Konzepte, denen zugesprochen wird, Menschen quasi automatisch glücklich zu machen, nennt Sara Ahmed „Happy Objects“. In der Regel lernen Menschen von klein auf, was in der Gesellschaft als Happy Object gilt. Sie übernehmen somit die gesellschaftlichen Vorstellungen von Glück und von dem, was ein gutes Leben ausmacht, sowie die zugehörigen Normen. Um beim Beispiel zu bleiben: Ich kannte in der Grundschule einige Mädchen, die sich auf ihre Hochzeit freuten.

Ich weiß nicht, ob diese Personen alle verheiratet sind, ob sie dadurch tatsächlich glücklicher wurden, und ob das Ausbleiben einer Hochzeit für sie eine Katastrophe dargestellt hätte.

Das ist nämlich der Nachteil an Happy Objects: Hier ist Vorfreude garantiert. Sie können auch zu Leistungen motivieren (wie dem Üben eines Instruments oder Sports). Und sie können uns unglaublich enttäuschen – wie diese meine Kollegin, die den Jahrestag ihrer Scheidung regelmäßig feiert.

Oder denken wir an die zahlreichen Artikel, die über den „Tabubruch“ der Soziologin Orna Donath erschienen. Denn die hatte es gewagt, Frauen zu fragen, ob sie denn als Mutter glücklich seien oder doch lieber im Rückblick keine Kinder bekommen hätten. („Regretting Motherhood“ heißt das Buch dazu.)

Menschen, die die Vorstellung zu einem bestimmten Happy Object teilen, sind laut Sara Ahmed eine „Affect Community“ – also eine Gefühlsgemeinschaft.

Und Menschen, die diese Vorstellung nicht (mehr) teilen, sind „Affect Aliens“ – am ehesten mit „Gefühlsfremde“ zu umschreiben.

Viele dieser gesellschaftlich akzeptierten Glücklichmacher sind romantisch-sexueller Natur – Hochzeiten, Verlobungsringe, erster Kuss, Dates am Valentinstag, Jahrestage der Paarbeziehung und so weiter. Sie spiegeln die amatonormative Vorstellung von der exklusiven romantischen und dauerhaften Zweierbeziehung als Lebensziel.

Sara Ahmed hätte sich in ihrem Buch also prima das Gefühl der Befremdung vornehmen können, das ace und aro Personen angesichts vieler dieser „Happy Objects“ regelmäßig befällt. Leider ist da eine Leerstelle.

Jedenfalls kein Wunder, dass sich manche Aces und Aros in vielen Kontexten wie ein Alien fühlen.

Was ist zu tun? Wahrscheinlich kommt kein Leben ohne ein Happy Object aus. Eine spontane Sammlung unter den Anwesenden ergab, dass wandern, kreativ sein, Katzen, Star Trek und sehr viel mehr ein Happy Object ohne jeden Bezug zu Amatonormativität sein können.

Der Zustand des Wohlfühlens und der Zufriedenheit ist also etwas sehr Individuelles. Es gilt, die eigenen Erzählungen anzupassen, Vorstellungen nicht zu übertragen und das Glücksverständnis möglichst zu diversifizieren.

Sonntag

Am Sonntag traf sich die übriggebliebene Runde für vier Stunden zum Plauschen. Themen und Interessen wurden gesammelt – am Ende gab es Gesprächsrunden zu Stammtischgründungen, zum Podcasten (drei Menschen von InSpektren waren nämlich auch da), zum AktivistA-eigenen Aktivismus, der durchaus noch Unterstützung braucht, und zu alternativen Wohn- und Beziehungsformen. Außerdem klopften einige gesprächs-übersättigte Menschen „Stadt Land Vollpfosten“, an einem anderen Tisch entstanden Armänder und Ringe aus Perlen.

🌈 Jetzt geht es um alles! – LSBTIQA*-Organisationen in Deutschland rufen zur Wahl auf!

Sharepic „Deine Stimme für queere Rechte – Jede Stimme zählt.“

Die Wahlen im September zu den Landesparlamenten von Sachsen, Thüringen und Brandenburg entscheiden auch über die Zukunft der queeren Communitys vor Ort:

 

Die Anerkennung und Sicherung der gelebten Realitäten von lesbischen, schwulen, bisexuellen, trans*, intergeschlechtlichen, queeren, aromantischen und asexuellen Menschen (LSBTIQA) vor Ort steht auf dem Spiel. Das gesellschaftspolitische Klima und die Entscheidungsträgerinnen bestimmen über den Schutz queerer Menschen vor Hass, Hetze, Ausgrenzung und Diskriminierung. Es geht um nichts weniger als um die Zukunft von Akzeptanz sexueller und geschlechtlicher Vielfalt!

 

Wenn LSBTIQA* attackiert werden, geht das alle etwas an, die in einer freien demokratischen Gesellschaft leben wollen.

Deshalb rufen wir die queeren Communitys, ihre Verbündeten und Unterstützerinnen sowie alle Demokratinnen dazu auf, wählen zu gehen! Dabei ist es unerlässlich, nur die Parteien zu wählen, die sich glaubhaft für Gleichstellung und Akzeptanz von queeren Menschen einsetzen, die gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit einstehen und die sich gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit stark machen.

 

Bei Menschenrechten darf es keine Kompromisse geben. Wir fordern ein klares Bekenntnis und einen glaubwürdigen Einsatz der künftigen Volksvertreterinnen und der Landesparlamente in Sachsen, Thüringen und Brandenburg zum Schutz der Menschenrechte von LSBTIQA. Dies ist mit rechtspopulistischen, rechtsextremen, nationalistischen und minderheitenfeindlichen Einstellungen und Parteien nicht zu erreichen.

 

Entscheidet Euch mit Eurer Stimme in Sachsen und Thüringen am 01. September 2024, in Brandenburg am 22. September 2024 für eine gemeinsame Zukunft, für Vielfalt und Demokratie: Jede Stimme zählt.

Liste der Unterstützenden des Wahlaufrufs.

Was Menschen auf Zettel schrieben

Ich hatte ja einen kleinen Nachschlag versprochen, nämlich die Beiträge von Besuchenden unseres Infostands auf der Hamburg Pride zu unseren zwei Pappschild-Fragen: Was bedeutet Intimität für dich? Wie drückst du Zuneigung aus?

Am Stand hängt ein Pappschild. Darauf steht: "Was bedeutet Intimität für dich? Wie drückst du Zuneigung aus?"

Ursprünglich wollte ich meine Auswahl an Antworten nach Themen ordnen, doch man hätte sehr viele Kategorien aufmachen müssen. Daher habe ich die Zettel einfach einmal gemischt und gebe nun in einer zufälligen Reihenfolge wieder, was darauf stand. Smileys und Herzchen wurden von den Personen selbst hinzugefügt.

  • Öfter nachfragen, wie z. B. der Tag war? Wie fühlst du dich?
  • Kleinigkeiten mitbringen, die der anderen Person eine Freude machen. Nachrichten / Notizen auf dem Frühstückstisch
  • Zusammen morgens RDR2 spielen und dabei Assam-Tee trinken 🙂
  • Intimität ist für mich nicht zwingend mit körperlicher Nähe verbunden. Es ist hauptsächlich Vertrauen und Verbindung. <3
  • Zuneigung… Habt ein Ritual, was nur ihr beide teilt!
  • Tiefe Gespräche über das eigene Innenleben
  • Grenzen wahrnehmen, Bedürfnisse akzeptieren
  • Mir trotz ADHD-Scatterbrain relevante Details (Ereignisse, Vorlieben, Abneigungen) merken
  • Bedingungsloses Vertrauen. Zweisamkeit auf allen Ebenen. Verbundenheit
  • Zusammen lachen & zusammen schweigen können <3
  • Knuddeln <3
  • Backen (essen)
  • Indem ich in meiner verrückten 60-Stunden-Woche-Routine trotzdem immer Zeit für meine Friends freihalte <3

Hamburg Pride 2024: Wechselhaft mit Sonne und Sunset-Flagge

Regenbogenflagge am Hamburger Rathaus
Wenn am Hamburger Rathaus die Regenbogenflagge weht, heißt es wieder: drei Tage Pride-Straßenfest! Unser Infostand befand sich diesmal ganz in der Nähe des eindrucksvollen Gebäudes. Gemeinsam mit Gruppen wie der AIDS-Hilfe, dem queeren Sportverein „Startschuss“ und 100 % Mensch hatte man uns auf dem Rathausmarkt platziert.
Diverse Flyer und Broschüren liegen auf dem Tisch. Zu sehen ist außerdem ein Übersichts-Blatt zu Microlabels und ein großes Glas mit Süßigkeiten.

Zusätzlich zu unserem altbewährten Informationsmaterial hatten wir diesmal unter anderem eine Auflistung von Microlabels mit den dazugehörigen Flaggen sowie einige Exemplare der Broschüre „Einblick in das Aspec“ dabei. Und Süßigkeiten für das nicht abgebildete Glücksrad! Während unserer ersten Stunden am Freitag bestand unsere Kundschaft hauptsächlich aus jüngeren Straßenfest-Besuchenden, die gern einmal drehen wollten. Für sie hatten wir schwierige Scherzfragen („Was hat vier Beine und kann fliegen? Zwei Vögel!“), während das ältere Publikum wie üblich Begriffe aus dem asexuellen und aromantischen Spektrum definieren sollte. Unsere „Glücksrad-Diensthabenden“ gaben alles, um Unsicheren auf die richtige Fährte zu helfen, und es ergab sich vielfach ein guter Austausch.
Richtig voll wurde es auch in diesem Jahr erst am Samstag nach der Demonstration; ab diesem Zeitpunkt kamen uns plötzlich auch zahlreiche Personen aus den o. g. Spektren besuchen. Viele Buttons fanden ihren Platz an T-Shirts und Taschen. Dabei war vor allem die kombinierte Aro-Ace-Flagge beliebt, die wegen ihrer Farbgebung auch „Sunset-Flagge“ genannt wird. Dies mag auch daran liegen, dass mittlerweile an vielen Ständen Merch in den Ace- und Aro-Farben erhältlich ist, während die Kombination aus beidem Seltenheitswert hat.
Eine Person war ganz verblüfft, dass es da sogar einen Verein gibt… Ja, den gibt es und das schon seit 2012! Andere konnten wir mit Informationen zum Hamburger Stammtisch versorgen. Die unangenehmen Begegnungen hielten sich sehr in Grenzen, wobei die Aussage, Gott habe Mann und Frau geschaffen und Kinder bräuchten Vater und Mutter, sonst würden sie nicht richtig erzogen, schon recht schräg war (zumal sie wenig mit dem Thema unseres Stands zu tun hatte).
Eine Aro-Flagge und eine Ace-Flagge hängen nebeneinander.
Den ganzen Freitag und die erste Hälfte des Samstags über hingen die Flaggen brav senkrecht. Am Samstagnachmittag wurden sie unruhig und mussten zusammengeknotet und beschwert werden. Wind war aufgekommen, daneben verdüsterte sich der Himmel und schickte uns gegen 19 Uhr plötzlich starken Regen. An der Hauptbühne nahm man es mit Humor und legte den Klassiker „It’s raining men“ auf, dennoch rannte das Volk in Scharen in die U-Bahn-Station. Über Nacht kippte unser Pavillon nach vorn und wurde beschädigt (beim Abbau ließ er sich glücklicherweise noch zusammenklappen). Der Sonntag war dann generell windig und kühler, aber weitgehend trocken.
Am Stand hängt ein Pappschild. Darauf steht: "Was bedeutet Intimität für dich? Wie drückst du Zuneigung aus?"
Ebenfalls eine windsichere Befestigung brauchte dieses Fragen stellende Pappschild, dessen Schnüre dazu einluden, Antworten anzuklammern. Davon waren viele so rührend oder witzig, dass ich ihnen einen eigenen Post widmen werde.
Pride-Moden: Ich habe weniger „Free Hugs“-Schilder gesehen, aber es scheint derzeit beliebt zu sein, Plüschtiere mit sich herumzutragen. Es war mindestens ein Hai sowie eine Gans unterwegs.
Und wie lief es mit der Fußgruppe? Die kam auch in diesem Jahr wieder recht spät los, weil sie weit hinten platziert war. Außerdem soll ein Teil der Demo wegen Bauarbeiten entlang der Strecke kein Publikum gehabt haben – Flaggen und Banner sind aber dazu da, dass sie jemand sieht. Die Wahl der Route (eine andere als im letzten Jahr) war vielleicht nicht die beste.