… steht der Hamburg Pride bevor! Auch in diesem Jahr sind AktivistA und der Ace-Aro-Stammtisch Hamburg wieder gemeinsam dabei.
Auf dem dreitägigen Straßenfest findet ihr unseren Infostand auf dem Rathausmarkt in unmittelbarer Nachbarschaft von u. a. Hein & Fiete und dem Magnus-Hirschfeld-Centrum. Auch in diesem Jahr haben wir wieder Buttons und jede Menge Infomaterial dabei und freuen uns darauf, mit euch ins Gespräch zu kommen.
Eine Fußgruppe bei der Demo wird es ebenfalls geben. Diese hat die Startnummer 118 von insgesamt 133 Gruppen, ist also wiederum recht weit hinten im Zug zu finden. Zur Orientierung: Der Truck von Adobe ist unmittelbar vor ihr platziert. Der Sammelpunkt für die Gruppe befindet sich an der Ecke Mundsburger Damm / Immenhof – weitere Mitlaufende sind willkommen.
Hoffen wir auf gutes Wetter und eine friedliche, fröhliche Atmosphäre.
Kategorie: Asexualität
Stuttgart Pride 2024: Fußgruppe sucht noch Mitlaufende & Infostand

Noch eine Woche bis zur Stuttgart Pride …
AktivistA hat für den Verein und Aspec*German eine Fußgruppe bei der Demo angemeldet. Willkommen sind also Aces, Aros, Apls und Allys. Falls noch wer dazukommen mag: Wir haben die Nummer 77, die Aufstellung findet in der Rotebühlstraße von 12 bis 13 Uhr statt.
Die Startreihenfolge, eine Karte und anderes findet ihr auf der Seite des Stuttgart Pride. Wichtig außerdem: Es werden zahlreiche S-Bahn-Haltestellen in Stuttgart wegen Bauarbeiten gesperrt sein, bitte plant die Zeitverzögerung bei der Anfahrt ein.
Bitte achtet auf Kleidung, die zum Wetter passt, Sonnen- und/oder Regenschutz, bequemes Schuhwerk (oder passende Blasenpflaster), ausreichend alkoholfreie Getränke und was zum Essen. Lärmempfindliche profitieren von Ohrstöpseln. Menschenmengen sind auch ohne Lärm anstrengend, falls ihr also einen Großveranstaltungs-Übersteh-Kit habt, packt den mit ein.
Falls es noch Fragen gibt, pingt uns gern auf den von uns bespielten Kanälen an.
Am Sonntag ist ein Infostand angemeldet — wir freuen uns auf euch.
Die Ace Community Umfrage 2024 ist eröffnet
Erhebungen zu Personen auf dem Aspec sind wichtig, aber selten. Umso dankbarer sind wir für die Arbeit des Teams der Ace Community Umfrage 2024, die zur Teilnahme an der nächsten Runde aufrufen.
„Es ist wieder so weit – wir sind auf der Suche nach Menschen, die an der Ace Community Umfrage teilnehmen möchten! Die Ace Community Umfrage wird vom Ace Community Survey Team – einer community-basierten Ehrenamtlichen-Organisation – in Zusammenarbeit mit der Northwestern University (Evanston, Illinois, USA) durchgeführt. Sie sammelt wichtige Informationen zur Demografie und den Erfahrungen von Menschen in der ace Community (“ace” als zusammenfassender Begriff für Menschen, die sich als asexuell, demisexuell, grau-asexuell oder einer anderen Orientierung des asexuellen Spektrums identifizieren). Die Teilnehmenden haben außerdem die Möglichkeit zu entscheiden, ob ihre Daten auch externen Forschenden zur Verfügung gestellt werden sollen oder ausschließlich unserem Team.
Die Umfrage ist offen für alle Personen, egal ob ace, nicht ace oder noch unsicher. Die einzige Voraussetzung ist ein Mindestalter von 15 Jahren. Da wir möglichst viele Menschen erreichen wollen, um die Diversität der Community möglichst gut einzufangen, freuen wir uns sehr, wenn der Link zu dieser Umfrage mit weiteren, potentiell interessierten Personen oder ace Communitys
geteilt wird.
Hier geht es direkt zur Ace Community Umfrage 2024.
Alle Ergebnisse der Umfrage werden unter https://acecommunitysurvey.org veröffentlicht und können dort eingesehen werden. Automatische E-Mail Updates über neue Ergebnisse oder Ankündigungen (meist englisch) können hier abonniert werden.“
Presseschau #2
Vorab ein Nachtrag zur letzten Presseschau: In ihr hatte ich einen Text auf web.de weitestgehend unkommentiert gelassen. Daraufhin wies eine Person auf verschiedene Probleme nicht nur mit diesem Text, sondern der Berichterstattung über das Aspec generell hin. Vielen Dank dafür! Ich freue mich, lernen zu dürfen, und generell gilt: Diese Texte geben meine Erfahrungen und mein Wissen wieder. Das Feedback anderer Personen aus den asexuellen und aromatischen Communities ist sehr willkommen!
Hier einige der Punkte, die fehlten:
- Auch wenn eine Person ace UND aro ist, stellen Artikel oft alles unter das Framing der Asexualität.
-
Bemerkungen wie „asexuelle Personen sind nicht traumatisiert / krank / bindungsgestört / autistisch / behindert“ marginalisieren Aces, die, wie Menschen anderer Orientierungen auch, genau all das sein können.
-
Asexualität wird oft noch pathologisiert. Besser als die Person, die mich auf meine Oberflächlichkeit hinwies, kann ich’s auch nicht sagen: „Im Text wird ein Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie befragt. Wenn der sagt, dass Asexualität nicht behandlungsbedürftig ist, ist das an sich gut. Aber: Asexualität wird nach wie vor im ICD-11 pathologisiert. Die Psychiatrie hat uns immer pathologisiert und hört erst allmählich damit auf, weil seit über 20 Jahren Aktivist*innen diese Strukturen bearbeiten. Aces haben ca. 15 Jahre lang selbst Konzepte entwickelt und community research betrieben, jetzt reißen Akademiker*innen die Themen an sich und und schlagen Profit (Zitationen, Ruhm, Jobchancen) daraus, ohne uns zu referenzieren. Ich finde es mit wenigen Ausnahmen inakzeptabel, Leute dieses Systems nach der Validität von Asexualität zu befragen. Das suggeriert zudem, dass Asexualität eine Störung sein und erst die „Fachmeinung“ das final bestätigen oder verneinen könnte. Das Gegenteil ist der Fall: Wir wussten von Anfang an, dass unsere sexuelle Orientierung valide ist und haben Jahrzehnte des Aktivismus gebraucht, um solche Leute zu überzeugen.“
Nochmals tausend Dank! Weiter geht’s mit ein paar neuen Fundstücken:
Save the Date und Suche nach Beiträgen: AktivistA-Konferenz 2024
Ein wenig stolz sind wir schon, die zehnte Ausgabe der AktivistA-Konferenz für das asexuelle Spektrum ankündigen zu dürfen. Nicht mal die Verfasserin dieser Zeilen hätte gedacht, dass das Konzept so lange vorhält.
Dieses Jahr treffen wir uns am 14. und 15. September für Vorträge und viel Zeit zum Reden in der Weissenburg in Stuttgart. Wie gehabt wollen wir den Samstag mit Vorträgen und Workshops füllen und am Sonntag noch mal gemütlich plauschen.
Anmelden könnt ihr euch über die bewährte Unterseite und das Kontaktformular. Auf der Unterseite findet ihr auch Details zu Kosten und Anreise. Außerdem posten wir dort Aktualisierungen zum Programm, sobald wir sie vorliegen haben.
Keine Konferenz ohne Inhalt
Wie immer suchen wir Menschen, die Vorträge halten. Wir zahlen für maximal zwei Menschen pro Programmpunkt Anreise, Mittagessen und ein Honorar. Thematisch suchen wir alles, was mit den ace und aro Spektren zu tun hat, nehmen aber auch gern einen Blick über den Tellerrand in politische Arbeit, trans Themen, Intersektionen oder …? Die Vorträge/Workshops sollten maximal 45 Minuten dauern, danach sind 15 Minuten für Diskussion und Fragen geplant.
Wenn ihr Interesse habt, euch, euer Projekt, euer Thema etc. auf der Konferenz vorzustellen, könnt ihr das Anmeldeformular auf der Konferenz-Unterseite benutzen oder Carmilla beim Aspec*German-Discord anpingen.

24. Dezember: Halber Mann
CN: Body Horror (?), Acefeindlichkeit, Erwähnung von Alkohol, Essen, Wortwitze
Halber Mann
Chris
„Wie, du bist demi? Heißt das nicht halb? Haha! Bist du dann nur ein halber Mann?“, meinte Hannes, mein Kollege, als wir gerade vor der Kaffeemaschine standen.
Und – zack – da war ich ein halber Mann. Verlegen kratzte ich mich am Nacken. „Haha, nein, das heißt …“
„Oh, hoppla war ich das jetzt?“, unterbrach Hannes mich. „Ach, ist ja auch egal, ich mach mal weiter. Muss ja, ne? Mach’s gut!“, und schon verschwand er wieder in seinem Büro.
Ich sah an mir herab. Ich schien wirklich nur halb zu existieren. Irgendwo in der Mitte, von oben nach unten längs einmal durch. Dahinter nix. Zwischendrin waberte irgendwas Schwarz-Grau-Weiß-Lila-Schimmerndes. Komisch irgendwie.
„Na ja, was soll’s“, dachte ich mir, „so muss ich jetzt wenigstens nicht groß mit Erklärungen ausholen …“
Ich war froh, dass ich heute nur halbtags arbeiten musste, und ich jetzt Feierabend machen konnte. Also zog ich nochmal die Schnürsenkel meiner Halbschuhe straff und machte mich auf den Heimweg.
Blöderweise fuhren keine Öffis nach Hause. Da war mal wieder die halbe Straße aufgerissen wegen irgendwelcher Bauarbeiten. Also musste ich zu meiner Wohnung in einer Doppelhaushälfte laufen. Die lag am Stadtrand, so halb in der Natur.
Und so lief ich nun die Straße lang.
Leute, die mich sahen, sagten sich: „Da geht er hin, der halbe Mann.“ Kinder, die mit dem Finger auf mich zeigten, so halbe Portionen, wurden von ihren Eltern weiter geschoben, die ihnen in halber Lautstärke, grade so, dass ich es hören konnte, zuflüsterten: „Schau da nicht hin, das ist ein halber Mann!“
Mein Weg führte mich am Rathaus vorbei.
Auf dem halbrunden Platz waren die Fahnen auf Halbmast. In einem Straßencafé wurde ein Fußballspiel übertragen. Es war wohl grade Halbzeit.
Bauarbeiter, die gerade mit einem Presslufthammer den Straßenbelag entfernt hatten gönnten sich zur Pause ihre halbe Bier …
In einem Hauseingang auf der anderen Straßenseite winkte mir ein Junge zu und rief etwas, das allerdings im Bass eines vorbeifahrenden Autos unterging, das die Fenster halb heruntergekurbelt hatte. „Was’n Vollpfosten. Die halbe Lautstärke hätte es auch getan“, dachte ich mir und sah noch, wie der winkende Junge von seiner Mutter in den Halbschatten des Treppenhauses gezogen wurde. Ich kann ja mit Kindern nix anfangen, aber anscheinend übe ich auf diese gerne mal eine Faszination aus. Keine Ahnung, warum.
Der kleine Timmy war gerade mit seiner Mama vom Einkaufen zurückgekommen und als diese noch im Eingangsbereich des Hochparterres mit dem Schlüsselbund kämpfte, blickt er noch einmal zurück zur Straße. Dort sah er etwas sehr Interessantes. Eine Person, nein … irgendwie … bunt. Wabernd … waren das Schuppen? „Mama, guck mal! Der Mann da ist total bunt!“, rief er durch den nun geöffneten Türrahmen hinein und begann der Person zu winken. Doch die Mutter warf nur einen kurzen Blick nach draußen und auf den halben Mann, der da unter dem grauen, halb bewölkten Himmel dahintrottete und bewegte ihr Kind halb durch Ziehen, halb durch Drücken in die Wohnung. Während sich die Mutter ans Verräumen der Einkäufe machte, kletterte Timmy auf die Küchenarbeitsfläche und blickt durch das Küchenfenster nochmal auf die Straße… er sah gerade noch, wie etwas Lila… Beschupptes? … hinter der nächsten Straßenecke verschwand.
Schließlich kam ich zu Hause an. Das Treppenhaus mal wieder halb zugestellt quetschte ich mich in den ersten Stock. Wohne natürlich auf halber Höhe.
Die Klamotten über die Lehne geworfen ließ ich mich mit einem lauten Seufzer auf eine Sofahälfte fallen. Kaum, dass ich da lümmelte und etwas zur Ruhe kam, regte sich etwas in dem bunten Wabern meiner noch sichtbaren Körperhälfte …
„Mmmmöööööääääähhhheeendlich zu Hause!“, sagte Edgar, der sich wie zähflüssiger Sirup aus der Schimmerschicht formte und langsam seine volle Gestalt annahm. „Ich kann nicht fassen, was der Hannes da schon wieder abgelassen hat.“ Er schüttelte irritiert seine Rückenschuppen. An dieser Stelle ist es vielleicht angebracht, etwas von Edgar zu erzählen. Edgar ist mein Drache. Ich weiß nicht, wie wir uns kennenlernten. Ich glaube, er war eigentlich schon immer da. Er ist keiner dieser großen, roten, feuerspeienden Drachen, wie man sie sich so vorstellt. Kein Feueratem, kein Giftatem, auch keine Blitze oder Eis waren sein Ding. Keine grünen, gelben oder blauen Schuppen. Nein, Edgar war ein Lila Drache, seine Spezialität war ein Knoblauchatem. Damit konnte er alles, was davon in Mitleidenschaft gezogen wurde, in perfektes, krosses Knoblauchbrot verwandeln. Eine wahre Gabe! Nebenher war Edgar auch ein begnadeter Bäcker, nur die Heuschnupfenzeit war manchmal etwas problematisch, da freuten sich dann die Nachbarn über spontane Brotkorb-Geschenke.
„Weißt du was?“, fragte er mit entschlossenem Blick. „Der Nächste, der dir so dumm kommt, der wird von mir gebrotet! Aber so was von! Aber komm, ich lass dir jetzt erst mal ein Vollbad ein. Dann entspannst du ein bisschen, bevor nachher die Gäste kommen.“
„Au ja, gerne!“ erwiderte ich. Edgar weiß einfach, was ich brauche. Da macht er keine halben Sachen. Ich wendete mich derweil der Zeitung zu. Vielleicht sollte ich doch mal einen Vollzeit-Job annehmen? Dann wäre ich auch weg von dem Kollegen … Ich überflog die Stellengesuche, während ich hörte, wie im anderen Zimmer plätschernd das Badewasser einlief und Edgar was von „Mmh, noch eben lüften …“ in sich hinein murmelte. Ein Full-Stack-Entwickler wurde gesucht, das wäre doch was. Ich las die Stellenbeschreibung: „Bewerber darf nicht älter als 18 sein, muss mindestens 20 Jahre Berufserfahrung mit bringen …“, immer wieder derselbe halbgare Blödsinn. Mit halbem Auge fiel mein Blick auf die Heuschnupfen-Mittelchen-Werbung … Ach, war es mal wieder so weit?
Ich sah nicht, wie die Stichflamme aus der Badtür schoss, ich hörte nur ein lautes Niesen, das kurz alles übertönte, bis an meine Ohren wieder das Plätschern des Wassers drang. Verlegen erreichte mich Edgars Stimme „Duuu? Weißt du noch, dein Lieblingsshampoo? Das mit der schwarzen Flasche? Ähhm … sorry. Ich öööh … leg’s mal in den Ofen zum Warmhalten für später, okay?“ Er lief sichtlich berührt mit vollen Händen an mir vorbei, während ich mich ins Bad aufmachte. Ich öffnete einen Wandschrank und nahm von der dort ringelassenen Palette die nächste der gelagerten 250 Shampooflaschen, drehte den Wasserhahn ab und stieg wohlig seufzend in die Wanne, während aus der Küche ein „Uuuuh, Vollkorn!“ ertönte.
Es war Vollmond, und da passieren ja immer die seltsamsten Dinge. Genau deswegen hatte ich auf den Abend hin zur vollen Stunde meine Freunde eingeladen. Nein, nicht zum Volllaufenlassen! Ein Filmabend stand auf dem Plan. So trashige Klassiker wie „Voll normaaal“ oder „Werner – Volles Rooäää!!!“ Auch waren ein paar der Gäste Wrestlingfans und äußerten den Wunsch, ob man das aktuelle Match verfolgen könnte. Ich bin jetzt nicht so der Fan von Vollkontaktsport, aber da es anscheinend ein Halbfinale war, konnte ich dann doch voll mitfiebern.
Während Edgar für das leibliche Wohl sorgte (an Knoblauchbrot mangelte es nicht und er hatte dann zur Vorsicht doch noch Heuschnupfenpillen genommen), unterhielt ich mich angeregt und auf die Couch gekuschelt mit einigen Leuten. „Ach, lass dich nicht nieder machen. Ist doch nur halb so schlimm. Der Hannes, den brauchst du nicht für voll zu nehmen“, sagten sie mir. Und ich musste ihnen recht geben.
„Ja, ich glaube der ist sowieso auch voll ausgelastet mit lauter anderem Kram. Der hat nicht mal halb soviel Kapazität für Self-Care wie ich. Eigentlich tut er mir schon fast leid“, überlegte ich laut.
„Und du bist viel zu nett. Beim nächsten Mal brote ich ihm trotzdem eins über!“, warf Edgar ein, der eben Kaffee auffuhr. Wer mochte, konnte diesen auch mit Vollmilch genießen.
Kurz darauf folgte Kuchen. Voll-Nuss! Voll gut!
Schließlich wurde beschlossen, noch etwas Musik aufzulegen. Kurz wurde überlegt, ob man Vol(l)ksmusik hören möchte, aber das fanden wir dann doch zu albern. Es wurde Vol(l)beat.
Aber auch ein vollkommener Abend muss irgendwann sein Ende finden. Und so standen wir zum Abschied noch alle im Treppenhaus herum. „Ach, Freunde, was wäre ich bloß ohne euch! Schön, dass ihr für mich da seid. Ohne euch wär’ alles nicht mal halb so schön.“
Und so sahen sich meine Freunde an und mit einem „Aber du weißt doch, irgendwie sind wir immer bei dir“, sprangen alle gleichzeitig hoch zu einem großen Gruppen-High-Five.
Was nun passierte, kann man glaub ich nur noch mit Begriffen aus der Internet- und Nerdkultur beschreiben … Man kann sich das vorstellen wie eine Kombination aus einer Magical-Girl-Transformation-Szene und dem hin und her Verschieben einzelner Teile eines Transformers, wenn er seine Gestalt ändert. Es waren sehr viel helles Licht und Bänder? und Zahnräder? involviert. Kurz war mir so, als wäre auch mal eine Sailor-Uniform aufgeblitzt. Während ich gebannt beobachtete, was dort passierte, gesellte sich Edgar an meine Seite und drückte mir mit einem „mmh, hier halt mal …“ einen Teller Knoblauchbrot in die Hand. Ich ließ das geschehen und starrte nur mit offenem Mund, wie sich vor mir … meine zweite Hälfte gebildet hatte.
„Ahh, ich glaube, hier kann ich auch noch was beitragen“, meinte Edgar, während er die beiden seltsam schimmernden Flächen berührte, die meine Hälften voneinander abtrennten. Langsam wurden wir aufeinander zu gezogen …
Wilhelmine Stiegensteiger, ihres Zeichens erste Vorsitzende des örtlichen Vereins der Häkelnden und Wäscheklammersammelnden e.V. wollte sich grade der Untersuchung eines neuen Wäscheklammermodells mit doppelt gespleißtem Holzrahmen und äußerst interessanter, vierfach gespulter Federkonstruktion widmen, als sie gewahr wurde, dass durch ihren Türspion ein äußerst helles Licht drang. Neugierig legte sie ihr Vergrößerungsglas und das Untersuchungsobjekt zur Seite, erhob sie sich aus ihrem Ohrensessel, strich die extra gehäkelten Deckchen für die Armlehnen und die Sitzpolster glatt und ging zur Tür. Als sie die Türklinke in die Hand nahm, war das helle Licht bereits verschwunden. Im Treppenhaus fand sie ihren Nachbarn vor, der sich mit ungläubigem Gesichtsausdruck mit einer Hand abtastete. Den Mann, der schon seit geraumer Zeit die Wohnung gegenüber bewohnte, fand sie zwar manchmal ein wenig eigenbrötlerisch, aber kannte ihn ansonsten als vollkommen netten und zuvorkommenden Menschen.
„Oh, guten Abend! Haben sie was verloren?“
Erst jetzt bemerkend, dass noch jemand ins Treppenhaus getreten war, sah ihr Nachbar zu ihr auf. „Nein … ich dachte, mir fehlt was, aber … ich hab doch alles zusammen. Alles gut.“ Sein Blick fiel auf den Teller in seiner Hand und seine Stirn kräuselte sich kurz nachdenklich. „Möchten Sie vielleicht etwas Knoblauchbrot? Ich hab etwas zu viel gemacht … und hier …“, er streckte ihr den Teller hin, „das ist sogar Vollkorn!“
Das Wochenende vorbei, trat ich am Montag vollkommen erholt wieder den Dienst an. Hannes wartete bereits am Kaffeevollautomaten auf mich. „Du, sorry nochmal wegen der Demi-Sache. Aber weißt du was? Ich hab gelesen, das gehört zur Asexualität … und weißt du, was man von der Asexualität so sagt?“
Ich sah aus dem Augenwinkel einen lila Schatten und riss die Augen weit auf. Oh nein. „Nein! Sag es nicht!“ Mir wurde schwummrig,
„Man sagt, das ist …“ – Schuppen stellten sich hinter Hannes auf, Die Welt wurde transparent. – „… die unsichtbare Orientierung! Haha, da guckst du was? Ähh … wo isser hin? Hallo? Eben stand er doch noch da. Und … mmh … was riecht hier eigentlich so intensiv nach Knoblauch?“
© 2023 bei Chris
22. Dezember: Zwischenraum
CN: –
Zwischenraum
Finn
Der Nebel wirbelt kreuz und quer,
Muster erkennen fällt mir schwer,
Mal so und so, dann wieder nicht.
Hat das denn überhaupt Gewicht?
Hab ich ein bestimmtes Grau?
Wo zwischen Weiß und Schwarz genau?
Es gibt schließlich nicht nur eines,
Welches davon ist nun meines?
Gibt’s für mich sowas wie Stabilität,
Im Spektrum menschlicher Sexualität?
Wie soll ich hier etwas erkennen?
Und dann am Ende noch benennen?
Auf dem Spektrum aber wo genau?
die Skala geht von schwarz bis grau,
Das zu sagen, fällt mir ziemlich schwer,
Wo nehmen Menschen Worte her?
Suche im Community-Bestand,
Acespike ist manchmal interessant,
Am Ende lass ich’s aber hier,
Das sind nicht immer Spikes bei mir.
Aceflux wäre auch noch so ein Wort,
Aber auch das lass ich dann dort,
Fluidität ist bei mir sicher da,
Doch das Wort ist mir nicht nah.
Myresexuell spricht die Verwirrung an,
Ob ich dieses Label nehmen kann?
Aber die Konnotation bleibt ein Problem,
Damit kann ich mich nicht wirklich seh’n.
Die Graustufenskala sagt zu mir,
Die Möglichkeiten hast du hier,
Manche Worte finden Resonanz,
Und doch trifft‘s für mich keines ganz.
Näher bei Schwarz, weiter im Grau?
Auch das weiß ich nicht so genau,
Graustufen sind oft nicht so klar,
Nebel bleibt für mich ungreifbar.
Das alles wird schließlich zu kompliziert,
Ob das für mich überhaupt funktioniert?
Die Einordnung in Kategorien ist schwer,
Mein Erleben bleibt ein Nebelmeer,
Nebelfetzen die aller Einordnung flieh’n,
Gibt’s noch Raum zwischen den Kategorien?
Die Sicherheit wächst, wie ein Pflänzchen erst klein.
Ich streck die Hand aus, in den Nebel hinein,
Dieser Ort er ist mir doch vertraut,
Ich sprech es aus, bin stur und laut:
Aus dem Pflänzchen wird ein Baum,
Meine Wahrheit ist der Zwischenraum.
© 2023 bei Finn
17. Dezember: Asexuell
CN: Ace- und Queerfeindlichkeit
Asexuell
Noir
Weit in der Ferne von Raum und Zeit
Wird der Augenblick gerne zur Ewigkeit
Unendlich ist die Sehnsucht sich im anderen zu verlieren
Die Nähe kann sich förmlich auf der Haut schon kristallisieren
Immer enger wird das Gefühl und weit
Die Luft füllt sich mit unendlicher Leichtigkeit
Hitze ergießt das Zimmer und dehnt sich aus mit Kraft
Losgelöstes Schweben frei und wild in Leidenschaft
Die Lust am Leben wird zur puren Ekstase
Dennoch ist das alles für mich nur eine Phrase
Diese Form der Erregung liegt mir nicht im Naturell
Es tut mir leid für dich, aber ich bin asexuell.
© 2023 bei Noir
13. Dezember: Dunkel trifft Licht, leise trifft laut
CN: Wenn eins die Metaphern jeweils überträgt, negative Erfahrungen im Bezug auf Asexualität, insbesondere: Allonormativität, compulsory allosexuality, FOMO und Einsamkeit, Abwertung von Single-Sein, Pathologisierung von Ace sein. Alles davon ist in Metaphern verpackt.
Dunkel trifft Licht, Leise trifft laut
Samu
Wenn die Werbeschilder am Himmel leuchten
dass eins sie beinahe mit dem Mond verwechselt
dann sitze ich da und frage mich:
Ist die Bank, auf der ich sitze,
eine Bahnhofsbank und ich warte die ganze Zeit auf meinen Zug?
Ist mein Zug vielleicht längst abgefahren?
Bin ich der einzige Übriggebliebene, der noch auf diesem leeren Bahnsteig hockt?
Den Geruch von kaltem Rauch in der Nase, Beton, etwas Maschinenöl und heißgelaufene Zugbremsen. Zug hält an, Menschen strömen rein, Menschen strömen raus, strömen die Treppe runter, und ein paar Minuten später, wenn der Zug quietschend weitergefahren ist, ist es wieder ganz ruhig hier. Nein, nicht ganz ruhig. Aber einsam ruhig.
– Oder – ist dies in Wirklichkeit eine Ausruhbank? Und ich bin hier, um Züge zu fotografieren und zu filmen? Nicht, um einzusteigen. Nicht immer sind Züge zum Einsteigen da. Trainspotting ist auch ein schönes Hobby.
Diese Zeit, wenn du beim Trainspotting auf den Zug wartest, die ist irgendwie eine seltsame. Wenn es kalt ist, frieren deine Hände ein, wenn es warm ist, ist es noch ätzender. Du überprüfst die Einstellungen deiner Kamera. Wenn du richtig krass bist, stellst du noch eine Leiter und/oder ein Stativ auf, um eine bessere Perspektive zu haben oder nicht zu verwackeln. Du grüßt höflich – oder notgedrungen – die anderen Trainspotter, die mit dir warten und ebenfalls ihr Equipment auspacken und einrichten, und – entweder ihr ignoriert euch freundlich oder haltet kurz Smalltalk.
Und dann wartest du. Und das macht den größten Teil der Zeit aus.
Irgendwann ist es dann endlich so weit, der Zug kommt, ist in 30 Sekunden vorbeigerauscht und dann baust du alles wieder ab, fährst weiter – an manchen Strecken kann man den Zug gut überholen und nochmal fotografieren, oder du fährst halt wieder nach Hause oder woanders hin.
Was bleibt, sind die Aufnahmen auf deiner Speicherkarte. Du ziehst sie auf deinen Computer, speicherst sie, benennst sie um, bearbeitest, entwickelst sie. Vielleicht lädst du auch ein paar davon auf Instagram hoch oder verschickst sie an befreundete Menschen.
In der Wartezeit
hast du nicht fotografiert.
Oder vielleicht ein paar Testaufnahmen, die du vielleicht sogar ganz gut findest, sodass du dich entscheidest, sie nicht zu löschen.
Vielleicht hattest du auch Glück und es kam noch etwas unerwartetes Interessantes, und das hast du auch noch fotografiert.
Aber dein Warten. Hast du nicht direkt festgehalten.
Dabei hat es doch den Großteil der Zeit ausgemacht.
Aber die Zeit ohne Zug ist kein Zustand. Keiner, der als festhaltewürdig gilt. Ein notwendiges Übel, dass man pünktlich da steht, um keinen Stress zu haben oder gar den Zug zu verpassen.
Dabei können Schienen sehr ästhetisch sein!
Manchmal
da sitze ich da und frage mich:
Was sind all diese Lichter da draußen?
Sind sie, sind sie vielleicht nur Schein, was sehen die anderen darin? Sind die anderen bei diesen Lichtern? Sind sie in diesen Lichtern und ich sitze hier und sehe auf die Stadt hinunter, sehe die Lichtverschmutzung und empfinde sie als ziemlich störend.
Aber die da unten, die mögen ihr Licht gerne und ich … gönns … ihnen. Joaa …
Die Lichter spiegeln sich überall und ich frage mich, was davon eigentlich echt ist.
Mechanisch automatisch will ich danach greifen, doch sie faden, verblassen, nur einen kurzen Augenblick lang haben sie aufgeleuchtet wie eine Sternschnuppe.
Nicht für mich.
Darf ich mir was wünschen?
Dann
sitze ich da
in einem dunklen Raum und nur vor mir leuchten die bunten Lichter meines Mischpults.
Lauter, leiser, gemutet. Komprimiert, noch ’n Low cut und Equalizer drauf.
Sound – ist sehr individuell.
Manchmal sitzt du da als Tontechniker und denkst so: Ahhhh, wieso kommt kein Ton?!?!? Und dann
stellst du fest: Der Kanal war stummgeschaltet. Und du hast an der falschen Stelle geguckt. Ooooder die Phantomspannung war aus. Oder irgendetwas anderes richtig Banales.
Aber bis du dahin kommst, dass du das feststellst, gab es garantiert einen Punkt, an dem du dachtest, irgendetwas sei kaputt.
Am Mischpult kann man diese Einstellungen dann schnell ändern, in anderen Lebensbereichen vielleicht nicht, aber – vielleicht muss das gar nicht.
Und dann sitze ich da
und denke nach über alles Mögliche.
Ich finde, Dunkelheit ist ein völlig unterbewertetes Konzept.
Like: Es ist angenehm in den Augen. Niemand sieht dich. Du musst dich nicht verstellen und verstecken, denn die Dunkelheit schützt dich vor verurteilenden Blicken.
Die wohltuendsten Augenblicke hatte ich meistens irgendwo alleine im Dunkeln.
Aber irgendwie ist bei Handydisplays immer nur angegeben, wie hell und brillant sie doch jetzt sind – aber nicht wie dunkel sie gehen. Immerhin hab ich bei meinem neuen Handy jetzt eine Funktion, wie ich das Display noch dunkler machen kann, und natürlich gibt es noch den Dunkelmodus, aber da bin ich gar nicht mal so‘n großer Fan von, muss ich sagen, weil das sind mir immer zu viele kleine helle Lichtreize durch die weiße Schrift. Also Discord hab ich schon immer auf dunkel, aber andere Apps eher nicht so. Ja.
Das Licht und das Dunkel
Das Laute und das Leise
Dunkel trifft Licht
Leise trifft laut
Zug rauscht durch
Rauscht in meinen Ohren
Rauscht es in meinem Kopf
Rauscht es in meinen Noise-cancelling-Kopfhörern
Stille
© 2023 bei Samu
10. Dezember: Schwer begreiflich
CN: Essen, Erwähnung allonormativer Haltungen
Schwer Begreiflich
Chris
Du greifst danach, kriegst nichts zu fassen,
Die Leute können es nicht lassen.
Jeder sagt, dass da was ist.
Ist es ne Lüge, oder ne List?
„Da muss was sein, siehst du das nicht?“
– Du starrst nur ins Gegenlicht.
Vielleicht sehen alle das da drüben?
Vielleicht muss man das alles üben?
So richtig kannst du’s doch nicht greifen …
Bestimmt musst du halt einfach reifen!
Die ganze Welt dreht sich darum,
und du schaust dich verzweifelt um.
Na, das ist hier mal interessant!
Du hältst ne Sache in der Hand.
Freudig wird dir gratuliert,
anscheinend hast du’s jetzt kapiert.
Jedoch, die Sache, wie’s so geht,
war doch nicht DAS. Das ist jetzt blöd.
Du warst dir sicher, hast mit Elan,
das, was man tun soll, so getan.
Man sagt dir, das wär’ gar nicht toll,
und dass hier noch was fehlen soll.
Du sitzt da und frisst nen Besen,
was ist denn da jetzt nicht gewesen?
Denkst du mal, jetzt hast du’s richtig,
wird alsbald es wieder nichtig.
Was ist bloß los mit dieser Welt,
dass sie dich so eingestellt?
Mikroskope, Lesen, Forschen,
Seiten scrollen, Podcast horchen,
hast recherchierend dich gequält,
um rauszufinden, was da fehlt.
Und du findest auf dem Weg,
eine Person, der’s auch so geht.
Wilder noch, ein ganzer Haufen
tut sich da zusammen raufen.
Ihr fangt an zu diskutieren,
wie die Sachen so passieren.
Und so nimmt es seinen Lauf,
irgendwann, da kommt ihr drauf.
Du lernst dich endlich selber kennen,
kannst die Sache nun benennen.
Und schaust du jetzt auf diese Sachen,
kannst du nur noch schallend lachen.
Die Welt, die hat’s echt übertrieben,
mit dem ganzen sich-verlieben.
Endlich weißt du, wer du bist,
und dass der Kram für dich nicht ist.
Du bist schließlich so viel mehr,
das Leben gibt das alles her.
Und nervt dich wer, und siehst du rot,
es rettet dich stets Knoblauchbrot.
Den ganzen Stress mit Liebes-Sachen,
das lässt du schön die andern machen …
Dann ist das alles gar nicht schlimm
und du hast deine Ruh. Win-Win!
© 2023 bei Chris